Steuerklassenwahl kann wegen Gestaltungsmissbrauchs unzulässig sein
Ehefrau erhält durch Steuerklassenwahl hohe Nachzahlung
Die Steuerklassenwahl III/V und der Antrag auf getrennte Veranlagung stellen nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Baden Württemberg einen unzulässigen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn die Kombination der Wahlrechte erkennbar den Zweck verfolgt, einerseits eine Steuererstattung bei dem einen Ehegatten zu erreichen, andererseits aber die Durchsetzung der damit verbundenen Steuernachforderung bei dem anderen Ehegatten zu vereiteln. Im Ausgangsfall hatten zwei Ehegatten die Steuerklassen III und V gewählt. Bei der Steuererklärung wählten beide jedoch seit 2002 die getrennte Veranlagung. Dies hatte zum Ergebnis, dass die Ehefrau eine nicht geringe Steuererstattung erhielt, während der Ehemann nachzahlen musste. Dieser Verpflichtung kam er allerdings fünf Jahre lang nicht nach und berief sich auf eine private hohe Verschuldung, alle Zwangsvollstreckungsversuche des Finanzamts scheiterten. 2008 stellte die Ehefrau wiederum einen Antrag auf getrennte Veranlagung, der jedoch abgelehnt wurde. Das Ehepaar erhob Klage.
Mehrere zulässige Wahlrechte können Steuerklassenwahl trotzdem unzulässig werden lassen
Das FG wies diese allerdings ab. Zwar können Ehegatten, deren Lohnsteuer nach den Steuerklassen III und V erhoben wird, in der Jahressteuerveranlagung anstelle der Zusammenveranlagung auch die getrennte Veranlagung wählen. Nach Ansicht des BFH könne sich jedoch ein Rechtsmissbrauch ergeben, wenn Eheleute mehrere sachlich zusammenhängende Wahlrechte erkennbar gegen ihren Zweck ausüben, um einerseits eine Steuererstattung zu erreichen, andererseits aber die Durchsetzung der damit verbundenen Steuernachforderung zu vereiteln, so dass sich trotz höherer Steuerfestsetzung als bei angemessener Gestaltung eine geringere tatsächliche steuerliche Belastung der Eheleute ergibt. Allerdings soll nach § 42 AO das nur unter steuerlichen Aspekten sinnvolle Zusammentreffen mehrerer im Einzelnen gesetzmäßiger Verhaltensweisen oder Gestaltungen in der ausschließlichen Absicht, die Festsetzung der Steuer oder die Steuerzahlung zu vermeiden, steuerrechtlich wirkungslos bleiben. Nach diesen Grundsätzen sind die Wahl der Steuerklassenkombination III und V und der Antrag der Klägerin auf getrennte Veranlagung rechtsmissbräuchlich und deshalb unbeachtlich, weil damit allein der Zweck verfolgt wird, zu Lasten des Fiskus die Schulden des Beigeladenen zu tilgen. Dem steht nicht entgegen, dass das Finanzamt in früheren Veranlagungszeiträumen dem Antrag der Klägerin auf eine getrennte Veranlagung statt gab. Eine vergleichsweise großzügigere Verwaltungspraxis führt nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung nicht zu einer Bindung des FA für künftige Steuerabschnitte (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2011; Az.: 2 K 4920/08).
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