Fehlende USt-Identifikationsnummer führt nicht grundsätzlich zur Ablehnung des Vorsteuerabzugs
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ende des Jahres noch eine Entscheidung getroffen, die anscheinend im Widerspruch zur aktuellen BFH-Auffassung (BFH, Urteil vom 02.09.2010; Az.: V R 55/09) steht. Die Luxemburger Richter stellten fest, dass es dem Unionsrecht widerspreche, wenn eine nationale Regelung das Recht zum Vorsteuerabzug alleine deshalb ausschließt, weil der Dienstleistungserbringer nicht als Mehrwertsteuerpflichtiger registriert ist. Im Ausgangsverfahren ging es um einen polnischen Unternehmer, der steuerbare Dienstleistungen für sein Unternehmen bezog. Die polnische Steuerverwaltung versagte den Vorsteuerabzug, da der Aussteller der streitigen Rechnungen nicht als Mehrwertsteuerpflichtiger registriert gewesen sei. Dieser hatte anstatt der erforderlichen USt-Identifikationsnummer - über die er mangels einer entsprechenden Registrierung nicht verfügte - die allgemeine Steuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der EuGH gab dem Unternehmer Recht. Trotz der Bedeutung, die die Verpflichtung zur Registrierung des Steuerpflichtigen für das ordnungsgemäße Funktionieren des Mehrwertsteuersystems habe, könne der Verstoß gegen diese Verpflichtung nicht das Recht zum Vorsteuerabzug, das die europäischen Mehrwertsteuerrichtlinien einem anderen Steuerpflichtigen einräumen, in Frage stellen. Die Bestimmungen der RL 77/388/EWG seien dahin auszulegen, dass einem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer zusteht, die er auf Dienstleistungen entrichtet hat, die von einem anderen Steuerpflichtigen, der nicht als Mehrwertsteuerpflichtiger registriert ist, erbracht wurden. Entscheidend seien hierfür die in den Mehrwertsteuerrichtlinien vorgeschriebenen Angaben - insbesondere diejenigen, die notwendig sind, um die Person des Rechnungsausstellers und die Art der erbrachten Dienstleistungen zu identifizieren. Auch wenn in Art. 22 der RL 77/388/EWG die Angabe der USt-Identifikationsnummer verlangt werde, stelle die in Polen verwendete allgemeine Steuer-Identifikationsnummer die Identifizierung des betreffenden Steuerpflichtigen in ausreichender Weise sicher (EuGH, Urteil vom 22.12.2010; Az.: C-438/09).
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