Verlustabzug – BFH hält Mindestbesteuerungsvorgaben für nicht verfassungsgemäß
Der BFH hat jetzt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) in bestimmten Situationen zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann. Seit 2004 dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Jahren zwar bis zu 1 Million € unbeschränkt von einem entsprechend hohen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60% des 1 Million € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Im Ausgangsfall ging es um eine GmbH, die hohe Verluste erwirtschaftet und diese wegen der Mindestbesteuerung nur teilweise abziehen konnte. In der Folgezeit kam es zu einer Umstrukturierung und einem Gesellschafterwechsel, der dazu führte, dass der wegen der Mindestbesteuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag nach § 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Gänze verloren ging.
Laut BFH sei zwar allgemein in der liquiditätsbelastenden zeitlichen „Streckung“ des Verlustabzugs keine Verfassungswidrigkeit zu erkennen. Das gelte aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in den Folgejahren prinzipiell möglich sei. Bedenken bestehen jedoch, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit kommt. Der Senat hat daher ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung, soweit sie für einen endgültigen Ausfall des Verlustabzugs keine gesetzliche Vorsorge trifft. Er erwägt deswegen im entsprechenden Hauptverfahren eine verfassungskonforme Normauslegung (Anmerkung: hier ging es ja um ein Vorverfahren). Offen bleibe nach Meinung der Münchener Richter auch, ob § 8c KStG nicht seinerseits Verfassungsbedenken aufwirft (BFH, Beschluss vom 26.08.2010; Az.: I B 49/10).
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