Über was man nicht spricht: Sucht

Rauchen, Essen, Alkohol trinken, Sex, Computer(spiele), Glücksspiel, Fernsehen… bei all diesen Themen kann es zu suchtartigen Verhaltensweisen kommen. Dabei ist der Übergang von gesundem Verhalten zu schlechter Gewohnheit und dann zu Sucht fließend. 

Menschen, die von Sucht betroffen sind, sprechen in der Regel nicht gern darüber. Geht man die Ursache der eigenen Unzufriedenheit, die hinter der Sucht verborgen sind, nicht von Grund auf an, entstehen im Laufe der Zeit immer mehr Probleme.

Was die Sucht aufrecht erhält und zu immer mehr Problemen führt:

• Geheimhaltung, Verleugnung und Bagatellisierung von suchtähnlichen Verhaltensweisen
• Moralische Abwertung
• Unwissenheit über die Möglichkeiten die es gibt, um von der Sucht frei zu kommen
• Angst (vor dem Entzug, vor dem Scheitern, vor unangenehmen Gefühlen oder einfach undefinierbare Angst)
• Die Befürchtung, ohne das Suchtmittel sei das Leben von Verzicht und Anstrengung geprägt
• Scham und Peinlichkeit

Wenn Sie Betroffener/Betroffene sind, was können Sie tun, um aus dem Teufelskreis der Sucht herauskommen zu kommen?

Wahrscheinlich haben Sie schon viele Versuche hinter sich, von süchtigem Verhalten los zu kommen.

Manch ungesundes Verhalten verliert sich von allein, wenn man die Ursachen die zu diesem Verhalten geführt haben, erkannt und behoben hat. Bei anderen Formen der Sucht ist es gut, wenn man sofort den Suchtmittelkonsum beendet und das selbstschädigende Verhalten unterbindet. Allerdings reicht das insgesamt nicht aus, auch hier müssen die Ursachen der Sucht erkannt und behoben werden.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass mehrere Komponenten an einer erfolgreichen Überwindung der Sucht beteiligt sind:

Vorsatz und Vorbereitung

• Sie haben den festen Vorsatz, Ihre Sucht zu überwinden
• Sie formulieren Ihr Ziel – legen Sie nicht fest, was Sie nicht mehr tun wollen, sondern was Sie zukünftig tun werden. „Ich möchte vor einem Vortrag keinen Alkohol mehr trinken“ reicht nicht aus. Finden Sie ein für Sie anstrebenswertes Ziel, z.B. „Ich halte inspirierende Vorträge mit klarem Kopf.“
• Sie legen den Zeitpunkt fest, ab wann Sie Ihre Gewohnheiten und Ihr Verhalten ändern
• Sie legen einen realistischen Zeitraum fest, um Ihr Ziel konsequent umsetzen zu können. Sucht wird nicht von heute auf morgen überwunden. Lassen Sie sich auf einen Prozess ein, der seine Zeit braucht.

In bestimmten Fällen ist es wichtig, zusätzliche Vorkehrungen zu treffen:

• Sie entfernen ihr Suchtmittel aus Ihrem Zugriffsbereich (z.B. keine Zigaretten/Schokolade/Alkohol mehr im Haus)
• Sie holen sich unter Umständen medizinische Unterstützung für die körperliche Entgiftung

Unterstützende Maßnahmen auf mehreren Ebenen:

• Sie holen sich Verbündete ins Boot (z.B. in der Familie das Vorhaben bekannt geben und um entsprechende Unterstützung bitten, eine Selbsthilfegruppe aufsuchen)
• Sie haben Ersatz für Ihren Suchtmittelkonsum (z.B. Sport treiben, einem Verein beitreten, ein Hobby beginnen, Bücher, Kino…)
• Sie haben einen Ersatz für konkrete einzelne süchtige Handlung, z.B. statt eine Zigarette zu rauchen, trinken Sie immer ein Glas Wasser oder einen Tee und Sie gönnen sich schöne Pausen
• Sie machen in regelmäßigen Abständen eine Zwischenbilanz, reflektieren Ihr Vorgehen und was Sie erreicht haben
• Sie führen Tagebuch. Das Dokumentieren von Gedanken, Fortschritten, Fragen, Schwierigkeiten usw. kann sehr entlastend sein. Im Laufe der Zeit erkennen Sie dadurch besser, welche Fortschritte sie machen und welche Themen sich wiederholen.

Rückfälle - ein wichtiges Thema

• Sie planen, wie Sie mit möglichen Rückfällen umgehen – planen Sie, was Ihnen dann hilft, weiter zu machen. Ein Rückfall ist kein Beinbruch sondern liefert Ihnen wichtige Hinweise.

Das Wichtigste von allem: die Ursachen der Sucht heraus finden

• Sie analysieren, was die Sucht ausgelöst hat. Welche versteckte Ursachen und unbewusste Auslöser gibt es, die durch Bewusstwerdung behoben werden können. Sie fragen sich: „Wann haben meine Essattacken begonnen? Welche Probleme in meinem Leben hätte ich gerne gelöst?“ Hierzu ist es oft sehr hilfreich, eine/n Fachfrau/mann auf zu suchen.

Suchtverhalten ist meist eine Form von Schmerzbekämpfung. Und zwar Schmerz im emotionalen und psychischen Bereich. Ich spüre meine Leere, meine Einsamkeit oder meine Ängste nicht mehr, ich kann dem Leistungsdruck entfliehen. Gefühle von Unzulänglichkeit, Minderwertigkeit und ähnliches werden überdeckt, Hemmschwellen werden herab gesetzt (vor allem mit Alkohol). Meist kann man dies alles am Anfang gar nicht genau benennen. Ein kompetenter Gesprächspartner kann hier sehr unterstützend sein.

Vorteile einer fachlich kompetenten Begleitung

• Sie stärken damit Ihre Motivation und Ihre Selbstverpflichtung
• Sie bekommen wichtige Informationen und andere Sichtweisen und Anregungen
• Sie fühlen sich nicht allein
• Sie werden verstanden
• Sie lernen in Worte zu fassen, was Sie sonst sich selber und anderen verschweigen
• Was Sie in Worte fassen und vor anderen aussprechen, erleichtert Sie
• Anscheinende Peinlichkeiten verlieren mit der Zeit ihren Schrecken
• Durch das Aussprechen Ihrer Gedanken und Erfahrungen werden Sie selber klarer
• Das Fachwissen des Beraters kommt Ihnen zu Gute

Wie finden Sie den richtigen Therapeuten / Berater?

Es gibt verschiedene Suchtberatungsstellen. Dort sind kompetente Berater, die Ihnen helfen, den richtigen Weg für Sie zu finden. Die Kosten dafür werden von den Kassen übernommen. In manchen Fällen kann Ihnen auch ein Coach oder anderer Berater helfen. Die Unterstützung und Begleitung bei persönlichen Themen ist Vertrauenssache. Suchen Sie sich einen für Sie passenden Begleiter. Vielleicht ist es für Sie auch wichtig zu überlegen, ob Sie lieber mit einer Frau oder einem Mann sprechen möchten. Der Weg aus der Sucht mag nicht immer leicht sein. Aber er ist immer möglich und bringt neue Lebensqualität. 

Und hier geht es zum 2. Teil: Sucht mal anders gesehen