Sittenwidrige Kündigung: Bewerber dürfen Ermittlungsverfahren verschweigen
BAG erklärt Kündigung für sittenwidrig: Arbeitgeber dürfen nicht nach Ermittlungsverfahren fragen
Der Kläger bewarb sich im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei und sollte versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen und wurde sodann zum 15.09.2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis den Kläger betreffend, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das Land Nordrhein-Westfalen kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger entgegnete, dass er bereits eingestellte Ermittlungsverfahren nicht habe angeben müssen.
Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Kündigungen für unwirksam. Die Frage nach Ermittlungsverfahren sei nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift sie erlaube oder der Betroffene einwillige. Nach § 29 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen dürfe der Arbeitgeber nur nach Daten fragen, die für das Arbeitsverhältnis erforderlich seien. Dazu gehöre bei Lehrern nicht die Frage nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren. Eine Kündigung, die sich auf die wahrheitswidrige Beantwortung einer Frage stütze, die ihrerseits die objektive Wertordnung des Grundgesetzes verletze, sei gemäß § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sittenwidrig und daher unwirksam (BAG, Urteil vom 15.11.2012, Az.: 6 AZR 339/11).
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