Recht auf Meinungsfreiheit im Arbeitskampf: Kampfparolen der Gewerkschaft NGG sind zulässig
Recht auf Meinungsfreiheit: Kampfparolen der Gewerkschaft NGG im Arbeitskampf sind zulässig
Ein Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie hatte 2009 mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) einen Tarifvertrag zur Zukunftssicherung vereinbart, der Einbußen der Arbeitnehmer beim Urlaubsgeld, den Urlaubstagen und der Entgelterhöhung vorsah. Ab dem 01.01.2012 sollten die Entgelte des Flächentarifvertrags gelten. Während der Laufzeit des Tarifvertrags wechselte das Unternehmen seine Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). Im Rahmen der Tarifauseinandersetzung Anfang 2012 skandierten die streikenden Arbeitnehmer Sprechchöre in Reimform, in denen es u. a. hieß, dass der Arbeitgeber sie "betrüge" bzw. "bescheiße". Die anwesenden Gewerkschaftssekretäre der NGG schritten nicht ein. Das Unternehmen zog vor Gericht und beantragte, die NGG zu verpflichten, die näher bezeichneten Äußerungen zu unterlassen bzw. auf die Streikenden einzuwirken, solche Äußerungen zu unterlassen.
Die Anträge blieben erfolglos. Das Gericht wertete die beanstandeten Äußerungen aufgrund des Gesamtzusammenhangs nicht als Tatsachenbehauptungen im strafrechtlichen Sinne. Es handelte sich um zugespitzte Äußerungen, mit denen die Arbeitnehmer zum Ausdruck brachten, dass sie sich angesichts des Wechsels des Arbeitgebers in eine OT-Mitgliedschaft „beschissen“ und „betrogen“ gefühlt hätten. So verstanden waren die zugespitzten Äußerungen von der Meinungsfreiheit, die im Arbeitskampf auch der Gewerkschaft zusteht, noch gedeckt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2012, Az.: 8 SaGa 14/12).
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