Bundesverfassungsgericht: Bayern darf Ausländer nicht vom Landeserziehungsgeld ausschließen
Sozialgericht hält Ausschluss von Ausländern beim Landeserziehungsgeld für verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht (BverfG) hat laut einem gestern veröffentlichtem Beschluss entschieden, dass der Freistaat Bayern das Landeserziehungsgeld auch an Ausländer aus Nicht-EU-Ländern zahlen muss. Im entschiedenen Fall ging es um das Bayrische Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) in der Fassung des Jahres 1995. Eine seit 1984 in Bayern lebende polnische Staatsangehörige hatte im Jahre 2000 (also vor dem EU-Beitritt Polens) das Landeserziehungsgeld beantragt. Der Antrag wurde zurückgewiesen, da laut dem BayLErzGG die Leistung nur Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zustehe Die Frau zog vor das Sozialgericht, dass die Vorschrift dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorlegte, weil es sie für nicht vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz von Ehe und Familie hält.
Allgemeiner Gleichheitssatz verbietet Ungleichbehandlung von Ausländern
Das BverfG entschied, dass die Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG in der Fassung des Jahres 1995 wie auch die inhaltlich gleichen Nachfolgeregelungen nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind, weil sie Personen, die nicht eine der dort genannten Staatsangehörigkeiten besitzen, ohne sachlichen Grund generell vom Anspruch auf Erziehungsgeld ausschließen. Der Freistaat Bayern muss die verfassungswidrigen Regelungen bis zum 31.08.2012 durch eine Neuregelung zu ersetzen, ansonsten tritt die Nichtigkeit der Vorschriften ein. Zwar verletze das Staatsangehörigkeitserfordernis nicht die grundgesetzliche Schutz- und Förderpflicht des Staates zugunsten der Familie, da daraus keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen geltend gemacht werden können. Allerdings verstößt die Regelung jedoch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil es an einem legitimen Gesetzeszweck fehlt, der die Benachteiligung der nicht erfassten ausländischen Staatsangehörigen rechtfertigen könnte. Der verfassungsrechtliche Schutz der Familie ist nicht auf Deutsche beschränkt. Die Ungleichbehandlung kann auch nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, eine Förderung auf Personen zu begrenzen, die dauerhaft in Bayern leben werden, da das Kriterium der Staatsangehörigkeit weder auf diesen Zweck gerichtet noch geeignet ist, verlässlich Aufschluss über die Dauer des künftigen Aufenthalts einer Person zu geben. Da die vorgelegte Regelung nicht nach der Herkunft aus anderen Bundesländern, sondern nach der Staatsangehörigkeit unterscheidet, kann sie auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Förderung von sogenannten Landeskindern gerechtfertigt werden (BverfG, Beschluss vom 07.02.2012; Az.: 1 BvL 14/07).
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