Verwertungskündigung bestätigt – Mieterin muss ausziehen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern eine wegweisende Entscheidung zu den Voraussetzungen der sogenannten wirtschaftlichen Verwertungskündigung getroffen. Die klagende Wohnungsbaugesellschaft hatte eine Siedlung erworben, die ursprünglich aus zahlreichen Wohneinheiten bestand – inklusive der an die Beklagte seit 1996 vermieteten Wohnung. Sie will die in den 1930er Jahren in einfacher Bauweise errichtete Siedlung abreißen und an deren Stelle moderne, öffentlich geförderte Neubaumietwohnungen errichten. Mit Ausnahme eines Teils der Siedlung, der mit geringen Sanierungsmaßnahmen instand gesetzt wurde und erhalten geblieben ist, hat die Klägerin ihr Ziel auch bereits umgesetzt. Nur der Wohnblock, in dem sich die von der Beklagten bewohnte Wohnung sowie acht weitere, bereits leer stehende Wohneinheiten befinden, wurde bislang nicht abgerissen. Die Klägerin kündigte den Mietvertrag (gestützt auf § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) durch Schreiben vom 31.01.2008 unter Berufung auf städtebauliche und gebäudetechnische Mängel der Siedlung. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen, das Landgericht gab ihr statt.
Die dagegen gerichtete Revision der Mieterin blieb ohne Erfolg. Der BGH entschied, dass die Klägerin zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt war. Deren geplanten Baumaßnahmen stellten eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks dar, weil sie auf vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Denn der noch vorhandene Wohnblock befinde sich in einem schlechten Bauzustand und entspreche in mehrfacher Hinsicht (u. a. kleine gefangene Räume mit niedrigen Decken, schlechte Belichtung) heutigen Wohnvorstellungen nicht, während mit dem geplanten Neubau moderne bedarfsgerechte Mietwohnungen erstellt werden können. Der Klägerin würden darüber hinaus durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch die nach dem Gesetz vorausgesetzten erheblichen Nachteile entstehen, weil durch bloße Sanierungsmaßnahmen der alten Bausubstanz unter Erhalt der Wohnung der Klägerin kein heutigen Wohnbedürfnissen entsprechender baulicher Zustand erreicht werden kann. Die weitere Bewirtschaftung des letzten noch vorhandenen Wohnblocks unter Verzicht auf die vollständige Verwirklichung des verfolgten baulichen Konzepts ist der Klägerin deshalb auch unter Berücksichtigung des Bestandsinteresses der Beklagten nicht zuzumuten BGH, Urteil vom 09.02.2011; Az.: VIII ZR 155/10).
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