Scheunenbrand ist Unglück – OLG legt Sorgfaltsanforderungen beim Abbrennen von Silvesterraketen fest
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat eine gerade rechtskräftig gewordene Entscheidung bezüglich der mit dem Silvesterfeuerwerk verbundenen Sorgfaltspflichten veröffentlicht. Im Ausgangsfall war ein Mann verklagt worden, der eine Rakete in einen Schneehaufen gesteckt und gezündet hatte. Diese stieg zunächst ca. 5 Meter gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine Spalte in eine 12 Meter entfernte Scheune, in der Stroh und Getreide gelagert waren, ein. Dort explodierte sie und setzte innerhalb kürzester Zeit das Gebäude in Brand. Die Klägerin, ein großes deutsches Versicherungsunternehmen, machte gegen den Beklagten übergegangene Ersatzansprüche von mehr als 410.000 € geltend.
Das Oberlandesgericht, wie auch schon das Landgericht Ulm, wiesen die Ansprüche zurück. Eine Haftung des Beklagten ergab sich nicht, weil die einzig festzustellende, bei objektiver Sicht vorliegende Gefahr des Eindringens einer Feuerwerksrakete zwischen Wand und Dach der Scheune für den Beklagten nicht erkennbar war. Eine andere Gefahr beim Zünden einer Feuerwerksrakete in der Nähe der Scheune bestand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Fall objektiv nicht. Der Brand stellte sich daher als Unglück und nicht als vom Beklagten schuldhaft verursachter Unfall dar.
Das OLG wies in seinem Urteil auch darauf hin, dass es in der Silvesternacht und am Neujahrstag in den Städten und Gemeinden, soweit nicht ein Verbot besonders verfügt wurde, zulässig und üblich sei, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden. Auf diesen Brauch müsse man sich - in vernünftigen Grenzen - zum Selbstschutz einrichten. So sei zum Beispiel vom Besitzer eines Gebäudes zu erwarten, dass er in der Silvesternacht und am Abend des 1. Januars Fenster und Türen seiner Gebäude schließe, um Vorsorge vor dem Eindringen von Feuerwerkskörpern zu treffen. Personen, die ein Feuerwerk veranstalten bzw. entzünden, müssen aber andererseits einen Standort wählen, von dem aus andere Personen oder Sachen nicht ernsthaft gefährdet werden. Da niemals ein Fehlstart von Raketen völlig ausgeschlossen werden kann, muss beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern ein Platz gewählt werden, von dem aus etwa fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Schaden anrichten können. Die Entscheidung wurde durch Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof rechtskräftig (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2010; Az.: 10 U 116/09).
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