BGH hält Rabatte von 1 € bei Medikamenten für unbedenklich
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern in 6 Verfahren, bei denen es jeweils um die Frage der Zulässigkeit von Bonussystemen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ging, die Entscheidungen verkündet. Verschiedene Apotheken hatten ihren Kunden beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach unterschiedlichen Systemen Preisnachlässe, die Rückerstattung der Praxisgebühr, Einkaufsgutscheine und/oder Prämien gewährt. Die Kläger - in drei Fällen die Wettbewerbszentrale und in den übrigen Fällen Mitbewerber der Beklagten - sahen darin u.a. Verstöße gegen die im Arzneimittelrecht enthaltenen Preisbindungsvorschriften sowie gegen das im Heilmittelwerberecht geregelte Verbot von Werbegaben. Die Vorinstanzen hatten die gegenüber den Rabatt- und Bonussystemen erhobenen Beanstandungen überwiegend für begründet erachtet und jeweils die Revision zugelassen.
Der BGH sieht einen Verstoß gegen die Preisbindung nicht nur dann als gegeben an, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Er hat einen solchen Verstoß vielmehr auch dann bejaht, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Das beanstandete Verhalten der Apotheker ist aber nur dann geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn keine zulässige Werbegabe vorliegt. Der BGH hat eine Werbegabe im Wert von einem Euro noch als zulässig angesehen, bei einer Werbegabe im Wert von 5 € dagegen eine spürbare Beeinträchtigung bejaht.
In der Sache I ZR 72/08 stellte sich außerdem die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt. Der BGH möchte dies bejahen, sieht sich hieran aber durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts gehindert, der in anderem Zusammenhang entschieden hat, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht für solche Arzneimittel nicht gilt. Diese Frage wird deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt (BGH, Urteile vom 09.09.2010; Az.: I ZR 193/07 und I ZR 72/08).
- Kommentieren
- 3182 Aufrufe