GmbH-Gesellschafter-Versammlung: Versammlungsleiter darf bei seiner eigenen Abberufung mitstimmen
Für einen satzungsgemäß zum Versammlungsleiter einer GmbH-Gesellschafterversammlung berufenen Gesellschafter gilt laut Bundesgerichtshof (BGH) bei der Abstimmung, ihm die Leitung wegen eines Interessenkonflikts zu entziehen, kein Stimmverbot. Im Ausgangsfall war im GmbH-Vertrag festgelegt, dass die Leitung der Gesellschafterversammlungen dem dienstältesten Geschäftsführer obliegt. 2007 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Als Tagesordnungspunkt waren der Einladung neben anderem die Einziehung des Geschäftsanteils eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer (dienstältester!), seine Abberufung und die Kündigung des Anstellungsvertrags beigefügt. Der betroffene Geschäftsführer wollte die Versammlungsleitung übernehmen. Unter den Gesellschaftern entstand Streit, ob er wegen eines Interessenkonflikts vom Amt des Versammlungsleiters ausgeschlossen sei. Daraufhin wurden zwei Protokolle erstellt. In dem einen erfolgte die Versammlungsleitung durch den betroffenen Geschäftsführer, in dem anderen durch den zweiten Geschäftsführer. Im zweiten Protokoll wurde beschlossen, den Geschäftsführer als Versammlungsleiter abzuberufen, dessen Geschäftsanteil einzuziehen, ihn abzuberufen und den Anstellungsvertrag zu kündigen.
Der BGH entschied, dass die Abwahl unwirksam und damit die von ihm geleitete Gesellschafterversammlung (erstes Protokoll) maßgeblich ist. Die von dem zweiten Geschäftsführer geleitete Gesellschafterversammlung sei eine bloße Scheinversammlung gewesen, die dort gefassten Beschlüsse nichtig. Die Vorinstanzen seien allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf die Einziehung des Geschäftsanteils aus einer in seiner Person liegenden Grund, seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund und der Kündigung seines Anstellungsvertrages vom Stimmrecht ausgeschlossen war. Laut GmbHG ist es einem Gesellschafter verwehrt, als Richter in eigener Sache abzustimmen. Aus diesem Interessenkonflikt ergebe sich aber nicht die Berechtigung der Gesellschafterversammlung, den nach dem Inhalt der Satzung zum Versammlungsleiter berufenen Geschäftsführer gegen dessen Stimme aus diesem Amt abzuwählen. Ein Versammlungsleiter, der zugleich Geschäftsführer ist, hat grundsätzlich das Recht, über seine Abwahl aus Anlass eines ihn betreffenden Interessenkonflikts in Bezug auf den Gegenstand der Tagesordnung mitzustimmen. Voraussetzung für ein Verbot wäre, dass auf Grund eines bestimmten Interessenkonflikts typischerweise damit zu rechnen ist, dass der Gesellschafter sich bei der Abstimmung von seinen eigenen Interessen wird leiten lassen und die Interessen der Gesellschaft – hier in Form des Interesses an einer korrekten Verhandlungsleitung und Beschlussfassung – hinten anstellt. Davon könne aber – wie im Ausgangsfall - nicht ohne weiteres ausgegangen werden (BGH, Urteil vom 21.06. 2010; Az.: II ZR 230/08).
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