Gleichstellungsabrede im Tarifvertrag – Vertrauensschutz ist zeitlich unbegrenzt
Arbeitnehmerin fordert Vergütungsdifferenz für 11 Jahre nach
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat gestern den Vertrauensschutz bei der tarifvertraglichen Gleichstellungsabrede bestätigt. Eine vor dem 01.01.2002 arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag („Altvertrag“) ist gewöhnlich dann als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn sie auf den einschlägigen Tarifvertrag verweist, an den der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt selbst gebunden ist. Endet seine Tarifgebundenheit zu einem späteren Zeitpunkt, entfällt die Dynamik der Verweisung. Der Tarifvertrag bleibt dann statisch in der zur Zeit des Wegfalls der Tarifgebundenheit geltenden Fassung bezüglich des Inhalts des Arbeitsvertrages. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben, es gewährt hinsichtlich sog. „Altverträge“ jedoch Vertrauensschutz, zu dessen zeitlicher Begrenzung kein Anlass besteht. Die Parteien hatten 1992 einen formularmäßigen Arbeitsvertrag unterzeichnet, indem die Vergütung nach einer bestimmten Tarifgruppe des damals geltenden Tarifvertrages für den Einzelhandel Brandenburg vereinbart worden war. Im Übrigen sollte sich das Arbeitsverhältnis, nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte“ richten. Die beklagte Arbeitgeberin trat 1997 aus dem Arbeitgeberverband aus. Im März 2008 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung entsprechend des aktuellen Tarifvertrages des Einzelhandels Brandenburg. Die Beklagte verweigerte dies, weil aus ihrer Sicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel eine Gleichstellungsabrede zu sehen sei. Die Klägerin macht mit ihrer Klage Vergütungsdifferenzen zwischen dem aktuellen Tarifentgelt und der an sie tatsächlich gezahlten Vergütung geltend. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.
Verweisungsklauseln vor dem 01.01.2002 genießen Vertrauensschutz
Die Revision der Klägerin blieb vor dem BAG erfolglos. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag ist als Gleichstellungsabrede auszulegen. In ihrer Gesamtheit nimmt sie hinreichend klar auf den zu jener Zeit geltenden Tarifvertrag für den Einzelhandel Brandenburg Bezug. Das BAG habe seine Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede inzwischen geändert (BAG, Urteil vom 18.04.2007; Az.: 4 AZR 652/05). Für Verweisungsklauseln, die vor Januar 2002 vereinbart worden sind, wird aber Vertrauensschutz gewährt, so dass es auch im vorliegenden Fall bei der früheren Auslegungsregel verbleibt. Die Klägerin kann deshalb keine Vergütung nach dem aktuellen Tarifstand verlangen (BAG, Urteil vom 14.12.2011; Az.: 4 AZR 79/10).
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