Kindesmisshandlung in der Wohngruppe – Kündigung gegen Psychologin unwirksam
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat jetzt die Unwirksamkeit der Kündigung einer Psychologin bestätigt. Die seit 18 Jahren beschäftigte Klägerin war seit 2005 als Bereichsleiterin für 5 Wohngruppen mit 40 Mitarbeitern einer gemeinnützigen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung tätig. Die Betreuung in einer Wohngruppe orientierte sich am sog. „Intra-act-plus-Konzept“. Dieses sieht als Reaktion auf fremdaggressives Verhalten differenzierte Belohnungs- und Bestrafungstypen vor. Im Rahmen dieses Konzepts kam es im März und April 2008 zu massiven Übergriffen und Misshandlungen anvertrauter Schutzbefohlener durch einzelne Mitarbeiter. An diesen Übergriffen war die Klägerin nicht beteiligt. Der Arbeitgeber hat der Klägerin vorgeworfen, ihren Kontrollpflichten nicht nachgekommen zu sein, um die „erzieherischen“ Grenzüberschreitungen zu unterbinden. Sie habe zunächst Kenntnis von den Vorfällen gehabt, ohne die Geschäftsleitung zu informieren. Dies sei erst Ende Mai geschehen. Die mittlerweile neue Geschäftsführung des Arbeitgebers hat die Vorfälle im August 2009 untersucht und als Ergebnis die Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2009 fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2010 gekündigt.
Wie schon das Arbeitsgericht hat auch das LAG im Berufungsverfahren der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung stattgegeben. Der Frau könne nicht nachgewiesen werden, dass sie vor Unterrichtung der damaligen Geschäftsleitung positive Kenntnis von den Vorfällen hatte. Ob sie gegen ihre Kontrollpflichten verstieß, ließ das Landesarbeitsgericht offen. Es hätte insoweit vor Ausspruch einer Kündigung einer Abmahnung bedurft. Der parallel gestellte Weiterbeschäftigungsantrag dagegen wurde zurückgewiesen, da dies aufgrund einer inzwischen ergangenen öffentlich-rechtlichen Auflage des Landschaftsverbands, die Klägerin bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen nicht zu beschäftigen, rechtlich nicht möglich sei (LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2011; Az.: 16 Sa 1016/10).
- Kommentieren
- 3113 Aufrufe