Landgericht bewertet Unterschreiten des Mindestlohns als Straftat
Das Landgericht (LG) Magdeburg hat in einem vielbeachteten Urteil gestern das Unterschreiten eines allgemeinverbindlichen Mindestlohns als Straftat und nicht – wie bisher üblich – als Ordnungswidrigkeit bewertet. Der angeklagte Unternehmer hatte seit 2001 Arbeitnehmer aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion an Rasthöfen in mehreren Bundesländern als Putzhilfen eingesetzte. Diese mussten in Zwölf-Stunden-Schichten Toiletten und Duschen sauber halten oder Geld kassieren. Die Beschäftigten arbeiteten bis zu 14 Tage am Stück und erhielten dafür nach den Feststellungen des Gerichts 60 bis 300 € und freie Kost und Logis. Der Mindestlohn für Gebäudereiniger betrug zum Zeitpunkt 7,68 €. Die Staatsanwaltschaft rechnete vor, dass die Arbeitnehmer im besten Fall aber nur maximal 1,79 € erhielten. Das Gericht hielt den Straftatbestand des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) für verwirklicht. Den Sozialkassen sei durch nicht gezahlte Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge ein Schaden in Höhe von 69.000 € entstanden: Die Summe errechne sich aus dem eigentlichen Lohnanspruch und nicht aufgrund der Höhe des tatsächlich ausbezahlten Lohnes. Der Unternehmer muss jetzt 100 Tagessätze in Höhe von 10 € zahlen und gilt bei Rechtskraft des Urteils als vorbestraft. Die vergleichsweise milde Strafe sei laut Gericht der langen Verfahrensdauer und der Tatsache geschuldet, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei und derzeit nur einen 400-€-Job ausübe (LG Magdeburg, Urteil vom 30.06.2010; Az.: 21 Ns 17/09).
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