Per Gefällt-mir-Button bestätigte Schmähkritik rechtfertigt keine Kündigung ohne Abmahnung
Schmähkritik per Gefällt-mir-Button: Keine Kündigung ohne Abmahnung
Eine auf einer Social-Media-Plattform wie Facebook veröffentlichte und von einer Mitarbeiterin per Gefällt-mir-Button bestätigte Schmähkritik am Arbeitgeber rechtfertigt nicht zwangsläufig eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Dessau-Roßlau ist die Betätigung des Gefällt-mir-Buttons bei Facebook-Nutzern in der Regel eine spontane Reaktion ohne nähere Überlegung und in ihrem Bedeutungsgehalt nicht zu hoch einzuschätzen.
Der Fall
Eine Arbeitnehmerin war seit 25 Jahren bei einer Sparkasse beschäftigt. Nachdem sie mit ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatte, demzufolge sie Ende Juni 2012 gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden sollte, erhielt sie im Dezember 2011 die Kündigung. Die Wirksamkeit der Kündigung vorausgesetzt, wären Aufhebungsvertrag und Aufhebungsvertrag gegenstandslos geworden. Der Grund für die Kündigung war laut Arbeitgeberin, ein Posting des Ehemanns der Arbeitnehmerin auf seiner Facebook-Seite mit folgendem Inhalt:
“Hab gerade mein Sparkassen Schwein auf … (Namen der Vorstände der Beklagten) getauft. Naja, irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger.”
Außerdem hatte der Ehepartner der Arbeitnehmerin das Bild eines Fisches veröffentlicht, der mit dem Sparkassenlogo verziert war und den Kommentar enthielt:
“Unser Fisch stinkt vom Kopf”.
Die Arbeitnehmerin hatte das Bild per Gefällt-mir-Button kommentiert.
Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens erklärte sie gegenüber dem Gericht, dass ihr Ehemann den Gefällt-mir-Button betätigt habe. Zu diesem Zweck habe er ihren Zugang benutzt, ohne dass sie selbst Kenntnis von dem Vorgang gehabt habe.
Das sagt das Gericht
Das zuständige Arbeitsgericht Dessau-Roßlau erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Soweit sich der fristlose Rauswurf auf die von dem Ehemann der Klägerin bei Facebook geposteten Erklärungen stütze, trage die Klägerin für diese grundsätzlich keine Verantwortung. Die Arbeitgeberin habe nicht beweisen können, dass die Arbeitnehmerin den Gefällt-mir-Button selbst gedrückt habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, rechtfertige dies nicht den Ausspruch einer fristlosen Verdachtskündigung. Der Arbeitgeberin würde durch den einmaligen Pflichtverstoß die Fortsetzung des ohnehin zu Ende Juni 2012 endenden Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar gemacht, zumal das Arbeitsverhältnis seit 25 Jahren unbeanstandet bestanden habe. Das Betätigen des Gefällt-mir-Buttons habe allenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt. Dem Argument der Arbeitgeberin, das Vertrauensverhältnis sei zerstört, könne nicht gefolgt werden. Auch wenn die Klägerin selbst den Kommentar abgegeben hätte, sei dies als Spontanreaktion zu werten und dürfe nicht überbewertet werden (ArbG Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2012, Az.:1 Ca 148/11).
Wichtiger Hinweis
Arbeitnehmern ist dringend zu empfehlen, auf das Verfassen derartiger Postings zu verzichten bzw. solche Postings durch einen Klick auf den Gefällt-mir-Button zu betätigen. Denn es handelt sich dabei um eine schwere Beleidigung des Arbeitgebers in Form einer sogenannten Schmähkritik, die grundsätzlich nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Bei solchen Straftaten ist der Arbeitgeber nicht selten dazu berechtigt, sofort eine Kündigung auszusprechen, ohne zuvor eine Abmahnung ausgesprochen zu haben. Aus den konkreten Umständen des Einzelfalls - wie im Streitfall einer langen Betriebszugehörigkeit - kann sich zwar etwas anderes ergeben. Darauf sollten sich Arbeitnehmer jedoch nicht verlassen, weil es sich letztlich um eine Wertungsfrage handelt, die das jeweilige Gericht entscheidet.
Alles, was Sie im betrieblichen Alltag zum Thema Abmahnung und Kündigung unbedingt wissen sollten, erfahren Sie hier.
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