Zwischen Jahresgespräch und Kaffeeküche: Erfolgreich führen heißt erfolgreich kommunizieren.
Erfolgreiche Kommunikation zwischen Jahresgespräch und Kaffeeküche
Denken Sie: Kommunikation kann doch eh jeder („naja, außer dieser eine Mitarbeiter“)? Verzweifeln Sie manchmal, weil Kommunikation zum Haare raufen ist? Oder haben Sie begonnen, die 66.000 Bücher über Kommunikation zu lesen?
Machen Sie sich’s leicht - probieren Sie heute eins dieser schlichten Rezepte aus:
Das Grundrezept: 2 Ohren + 1 Mund
Die These ist wissenschaftlich nicht ganz solide nachweisbar, dafür alt und praxisbewährt: Der liebe Gott, so sagt man, habe uns zwei Ohren gegeben und nur einen Mund, damit wir doppelt so viel zuhören wie wir selbst sprechen. Wenn sich nur ein kleiner Tipp aus dem heutigen Erfolgsrezept einprägt – dieser müsste es sein.
© Regina Mang
Stellen Sie die richtige Frage (meistens ist das eine offene). Hören Sie lange und gut zu. Stellen Sie noch eine Frage, hören Sie wieder zu. Nehmen Sie sich Zeit, sich eine Meinung zu bilden, ggf. eine Entscheidung zu treffen. Und dann äußern Sie kurz und prägnant Ihren Standpunkt.
>>> | Grund-Zutaten für erfolgreiche Kommunikation Hören : Sprechen = 2 : 1 |
Die Grundannahme: Jeder hat Recht
Bitte stellen Sie sich vor, Sie sitzen sich mit einem Gesprächspartner an einem Tisch gegenüber. Sie legen in die Mitte des Tisches ein Blatt Papier und rechts davon einen Kugelschreiber. Jetzt behauptet Ihr Gesprächspartner, der Kugelschreiber läge links vom Papier! Wer von Ihnen hat Recht?
© Regina Mang
Enorm hilfreich als grundsätzliche Einstellung: Die Aussagen und das Verhalten einer anderen Person sind aus Sicht dieser Person wahrscheinlich sinnvoll und nutzbringend. Sogar wenn Sie es im Moment gar nicht verstehen können. Hinter dem verwunderlichen Verhalten Ihres Gegenübers versteckt sich eine unbekannte Begründung oder ein Interesse. Würden Sie dieses Interesse kennen, könnten Sie es mit Ihren Interessen abgleichen und eine gemeinsame Schnittmenge finden. Was also tun? Fragen Sie! „Worum geht es Ihnen dabei? Was ist Ihr Ziel in dieser Sache? Was möchten Sie in diesem Gespräch heute erreichen?“ Und hören Sie zu.
>>> | Notwendige Führungskompetenz: Perspektivenwechsel. Werkzeug: Nachfragen. |
Das richtige Maß finden: Die Tücken formeller Kommunikation
Wie eine Gesellschaft Tischregeln, so hat ein Unternehmen gewisse festgelegte Umgangsformen: die formelle Kommunikation.
Der Vorteil formeller Kommunikation ist, dass sie regelmäßig und nach Regeln stattfindet.
Der Nachteil formeller Kommunikation ist, dass sie regelmäßig und nach Regeln stattfindet. Für die Praxis heißt das: Irgendwie ist es gut, dass es diese Kommunikation gibt, aber sie passt nie so ganz genau.
Formelle Kommunikation ist manchmal zu viel des Guten: Das Paradebeispiel sind wöchentliche Meetings, in denen jeder aus seiner Abteilung berichtet, auch wenn es nichts zu sagen gibt. Meine Empfehlung für Sie als Chef: Überschlagen Sie einfach im Kopf die Stundensätze der Teilnehmer und multiplizieren Sie sie mit der Besprechungsdauer. Der Ergebnisbetrag ist der Nutzen, der bei der Besprechung mindestens herausspringen sollte.
© Regina Mang
Sie kommen ins Zweifeln? Sprechen Sie es offen an (wahrscheinlich geht es anderen genauso), und passen Sie die Regeln an. Strukturen sind für die Menschen da, nicht umgekehrt.
>>> | Formelle Kommunikation ist ein gutes Gerüst, passen Sie es an Ihren Bedarf an. |
Formelle Kommunikation ist manchmal auch zu wenig des Guten. Ein Beispiel aus meiner Praxis, das ich mehrfach erlebt habe: Es gibt Unstimmigkeiten. Als Coach empfehle ich ganz schlicht: „Sprechen Sie doch mal persönlich mit Ihrem Mitarbeiter.“ – Die Antwort: „Das ist eine gute Idee. In 6 Wochen führen wir eh unsere Jahresgespräche.“
© Regina Mang
Bei solchen Aussagen kippe ich bis heute fast aus den Schuhen: das regelmäßige Gespräch als weit verbreiteter Grund, nicht gleich miteinander zu sprechen. So gut die Idee grundsätzlich gewesen sein mag, einmal im Jahr formelle Mitarbeiter-Gespräche vorzuschreiben: Hier geht sie nach hinten los, weil sie dazu führt, dass es außerhalb der Regelgespräche keine 4-Augen-Gespräche mehr gibt.
Dabei gehören Gespräche mit den Mitarbeitern zum grundlegenden Handwerkszeug der Führung. Bitte, reden Sie mit Ihren Mitarbeitern! Schnell und spontan, zwischen Tür und Angel, oder nach Termin-Vereinbarung ganz in Ruhe. Viele Dinge lassen sich zu zweit in konzentrierten 10-15 Minuten gut besprechen. Sie haben nicht die Zeit dazu? Vorschlag 1: Überdenken Sie Ihre Prioritäten. Vorschlag 2: Stellen Sie sich vor, Ihr Chef nähme sich diese Zeit für Sie. Vorschlag 3: Probieren Sie es einfach gleich einmal aus, und erfahren Sie den Nutzen selbst. Oft sparen Sie durch ein gutes Gespräch an anderer Stelle viel Zeit ein.
Die Voraussetzung ist, dass Ihre Mitarbeiter kein Herzrasen bekommen, wenn sie zum Chef gebeten werden (weil das nur einmal im Jahr vorkommt und Ärger bedeutet). Machen Sie kurze 4-Augen-Gespräche zur Normalität. Führen Sie so ein Gespräch durchaus auch einmal „einfach so“, ganz ohne eigenes Ziel. „Wie läuft es gerade? Was liegt an?“
>>> | 4-Augen-Gespräche sind ein starkes Führungsinstrument. Nicht nur einmal im Jahr. |
Die Herrschaft über den Flurfunk
Informelle Kommunikation gehört dazu: Seien Sie froh, dass Ihre Mitarbeiter miteinander sprechen. Sie können und sollen nicht jedes Gespräch in Ihrem Team kontrollieren, im Gegenteil. Schnelle, informelle Absprachen sind oft die effizientesten.
Weniger gut ist, wenn Mitarbeiter wichtige Entwicklungen, Personalia und Firmen-Interna als erstes in der Kaffeeküche erfahren, und nicht vom Chef direkt. Verdeckte oder ungeklärte Themen sind für Ihr Team wie Sand im Getriebe. Achten Sie deshalb darauf, dass Sie wichtige Informationen selbst als erstes und allen Betroffenen gleichzeitig mitteilen. Wenn Sie merken, dass die Gerüchteküche bereits angelaufen ist, bevor Sie selbst über eine mitteilungsreife Information verfügen, behelfen Sie sich mit der „Informierungsinformation“.
© Regina Mang
Zunächst sprechen Sie das Gerücht offen an: „Ich höre, dass auf den Gängen von einer Umorganisation im Führungsteam gemunkelt wird.“ Packen Sie dann den Stier bei den Hörnern: „Das ist richtig. Wir werden einige Positionen anders ausrichten.“ Und schieben Sie ein (ehrliches!) Nutzen-Argument nach: „Wir machen uns dazu intensiv Gedanken, weil wir für jede Abteilung die beste Lösung finden wollen. Wir sind mitten in den Gesprächen, so dass es noch keinen soliden Informationstand gibt.“ Und dann informieren Sie, dass Sie informieren werden, sobald Sie mehr wissen. Wenn Sie schon einen zuverlässigen Zeitpunkt kennen, nennen Sie ihn.
Damit halten Sie die Fäden wieder in der Hand. Sie werden den Flurfunk nicht abschaffen, aber Sie können durchaus steuern, worüber gesprochen wird. Es versteht sich von selbst, dass Sie bei der nächsten Gelegenheit dann auch die versprochenen Informationen liefern, auf dem passenden formellen Weg.
>>> | Behalten Sie die informelle Kommunikation im Blick – und die Fäden in der Hand. |
Was bleibt als Faustregel zum Mitnehmen?
Gute Kommunikation ist wirksame Kommunikation. Grübeln Sie nicht zu lange darüber, wie Sie etwas am allerallerbesten kommunizieren. Denken Sie an das Grundrezept (2x Zuhören, 1x Reden) und die Grundannahme („Jeder hat Recht, aus seiner Sicht.“). Und dann TUN Sie es einfach. Reden Sie mit Ihren Leuten. Und hören Sie ihnen zu.
Dann machen Sie schon ganz viel richtig!
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