Streit um Übersetzung – Auftraggeber ist für angemessenes Honorar verantwortlich
Nicht nur zwischen Autoren und Verlagen, sondern auch bei Übersetzern kommt es in letzter Zeit immer wieder zu Streit über die Frage, ob ein Anspruch auf eine Vertragsanpassung wegen Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung besteht (s. a. BGH, Urteil vom 24.11.2009; Az.: I ZR 38/07). Jetzt hat der BGH erneut ein Machtwort gesprochen.
Der Fall aus der Praxis
Ein Übersetzer hatte sich vertraglich gegenüber dem beklagten Verlag im Oktober 2002 zur Übersetzung des Sachbuchs „Destructive Emotions“ des Autors Daniel Goleman ins Deutsche verpflichtet. Dem Verlag räumte er umfassende Nutzungsrechte an seiner Übersetzung ein. Das vereinbarte Honorar belief sich auf 19 € pro Seite des übersetzten Textes. Zusätzlich war ihm für den Fall, dass mehr als 15.000 Exemplare der Hardcoverausgabe verkauft werden, ein zusätzliches Honorar von 0,5 % des Nettoladenverkaufspreises zugesagt. Ferner war er an den Erlösen des Verlags aus der Vergabe von Taschenbuch- und Buchgemeinschaftslizenzen mit 5 % des Nettoverlagsanteils zu beteiligen. Der klagende Übersetzer hat die Ansicht vertreten, das vereinbarte Honorar sei unangemessen. Deshalb hat er von dem Beklagten eine Änderung des Übersetzervertrages verlangt, durch die ihm eine angemessene Vergütung gewährt wird. Das Landgericht und das Oberlandesgericht München haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) verfolgte er seine Klagebegehren weiter.
Das sagt der Richter
Die Bundesrichter sprachen dem Kläger unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen eine weitergehende Vergütung zu. Sie bestätigten die bisherige Rechtsprechung, wonach der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen sei. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung setze bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und betrage normalerweise bei Hardcoverausgaben 0,8 % und bei Taschenbüchern 0,4 % des Nettoladenverkaufspreises. Ferner stellten sie klar, dass die zusätzliche Vergütung bei einer Erstverwertung als Hardcoverausgabe und einer Zweitverwertung als Taschenbuchausgabe jeweils erst ab dem 5000sten verkauften Exemplar der jeweiligen Ausgabe zu zahlen sei. Auch haben sie deutlich gemacht, dass nur ein Seitenhonorar, das außerhalb der Bandbreite von Seitenhonoraren liege, die im Einzelfall als üblich und angemessen anzusehen sein können, eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes der zusätzlichen Vergütung rechtfertigen könne. Ferner haben sie bekräftigt, dass ein solcher Übersetzer eine angemessene Beteiligung an Erlösen beanspruchen könne, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt. Abweichend von ihrer früheren Rechtsprechung haben die Richter zur Höhe dieser Beteiligung entschieden, dass dem Übersetzer grundsätzlich eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen zustehe. Der Erlösanteil des Übersetzers dürfe aber nicht höher sein als der, der dem Verlag verbleibe (BGH, Urteil vom 20.01.2011; Az.: I ZR 19/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Ist ein vertraglich vereinbartes Honorar eines Übersetzers hinsichtlich der Höhe unangemessen, können diese auf die seit Juli 2002 geltenden Regelungen des Urhebergesetzes zurückgreifen. Sie können vom Verlag nach § 32 UrhG die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die ihnen eine angemessene Vergütung nach Maßgabe des o. g. Urteils gewährt wird.
Übersicht Vergütungsregeln
Der Verband deutscher Schriftsteller in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat gemäß § 36 UrhG gemeinsame Vergütungsregeln für Übersetzungen aufgestellt
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