Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft: So errechnet sich der Mutterschutzlohn
Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft: Stewardess erstreitet höheren Mutterschutzlohn
Eine teilzeitbeschäftigte Flugbegleiterin, die einem Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft unterlag, hat vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln erfolgreich einen höheren Mutterschutzlohn eingeklagt. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass für die Berechnung des maßgeblichen Durchschnittsverdienstes abweichend von den gesetzlich geregelten drei Monaten im Einzelfall ein längerer Zeitraum heranzuziehen sei.
Der Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin ist bei einer Airline als Flugbegleiterin beschäftigt. Ihre Arbeitszeit ist auf 90 Prozent einer Vollzeitstelle reduziert. Bei der Einteilung in die unterschiedlichen Schichtdienste wurde sie wie ihre in Vollzeit beschäftigten Kolleginnen und Kollegen behandelt, hatte im Gegensatz zu den Vollzeitkräften aber dem regulären Urlaub zusätzlich an 37 „Teilzeittagen“ im Jahr frei. Kurz nachdem sie schwanger geworden war, sprach ihr Arzt ein Beschäftigungsverbot von Mitte Oktober 2008 bis Ende April 2009 aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie gerade sämtliche Teilzeittage hinter sich gebracht. Dies führte dazu, dass sie im dreimonatigen bzw. dreizehnwöchigen Berechnungszeitraum i. S. d. § 11 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) für ihre Gehaltsfortzahlung weniger als üblich verdient hatte. Die Arbeitgeberin legte ihrer Berechnung der geschuldeten Vergütung für die Zeit des Beschäftigungsverbots die dreizehn Wochen vor Beginn der Schwangerschaft der Flugbegleiterin zu Grunde. Die schwangere Arbeitnehmerin war damit nicht einverstanden und zog vor Gericht. Sie vertrat die Ansicht, dass die Berechnung falsch sei, weil ihre Teilzeittage gerade in diesen Zeitraum fielen und dadurch ihren Durchschnittsverdienst über Gebühr gesenkt worden sei. Deshalb müsse der Berechnung ein gesamtes Jahr zugrundegelegt werden.
Das sagt das Gericht
Während das Arbeitsgericht (ArbG) Köln die Klage unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung abgewiesen hat, gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln der Klägerin in der Berufung recht. Nach Meinung der Richter durfte die Arbeitgeberin nicht die letzten dreizehn Wochen vor der Schwangerschaft für die Berechnung der geschuldeten Vergütung zugrundelegen. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 MuSchG blieben Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum unter anderem wegen unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht. Berücksichtige die Arbeitgeberin nur den Zeitraum von dreizehn Wochen, so werde dem Zweck der Vorschrift des § 11 MuSchG nicht entsprochen. Dieser liege darin, das Arbeitseinkommen von Arbeitnehmerinnen zu sichern, damit diese ihren Lebensstandard in der Zeit aufrechterhalten können, in der sie einem Beschäftigungsverbot unterliegen. Der Durchschnittsverdienst lasse sich jedoch aus dem Dreimonatszeitraum nicht ableiten, wenn die Arbeitszeitreduzierung bei der Beschäftigten erst durch sogenannte Teilzeittage in einem vollen Kalenderjahr ausgeglichen werde. Die Umstände des Einzelfalles seien hier entscheidend. Um den tatsächlichen Durchschnittsverdienst zu ermitteln, sei auf das Kalenderjahr abzustellen (LAG Köln, Urteil vom 21.12.2011, Az.: 8 Sa 1328/10).
Verlängerter Referenzzeitraum erhöht Mutterschutzlohn
Nach § 11 MuSchG haben schwangere Beschäftigte für die Dauer eines Beschäftigungsverbots grundsätzlich Anspruch auf den Verdienst auf Grundlage der letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Beschäftigungsverbotes. Dem Zweck der Vorschrift des § 11 MuSchG, der darin liegt, die Aufrechterhaltung des Lebensstandards zu garantieren, ist nicht entsprochen, wenn sich aus dem zugrundezulegenden Dreimonatszeitraum der Durchschnittsverdienst deshalb nicht korrekt ableiten lässt, weil eine vertraglich vereinbarte Arbeitszeitreduzierung einer Beschäftigten erst durch sogenannte Teilzeittage eines vollen Jahres ausgeglichen ist und sich daher bei Zugrundelegung des Referenzzeitraums nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ein vom Durchschnittsverdienst erkennbar abweichender Verdienst ergibt. In einem solchen Fall ist für den Verdienst während des Beschäftigungsverbots der die gesamte Arbeitszeitreduzierung berücksichtigende Jahreszeitraum vor Beginn der Schwangerschaft zugrundzulegen.
So unterscheiden Sie Mutterschutzlohn und Mutterschaftsgeld
Es gilt, den Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG vom Mutterschaftsgeld gemäß § 13 MuSchG zu unterscheiden. Als Faustregel können Sie sich merken, dass der Arbeitgeber den Mutterschutzlohn schuldet, während die Krankenkassen zur Zahlung des Mutterschaftsgeldes verpflichtet sind
Der Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG ist die Fortzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber an eine schwangere Arbeitnehmerin, die einem Beschäftigungsverbot unterliegt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Verdienstausfall der schwangeren Mitarbeiterin zu ersetzen, damit diese keine finanziellen Nachteile wegen des Beschäftigungsverbots erleidet.
Gemäß § 13 MuSchG erhalten Arbeitnehmerinnen, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 MuSchG (sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt) sowie für den Entbindungstag von der Krankenkasse ein Mutterschaftsgeld. Die Höhe des Mutterschaftsgeldes richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten drei Monate bzw. 13 Wochen vor Beginn der gesetzlichen Schutzfristen. Es beträgt pro Kalendertag maximal 13 €, also 390 € im Monat. Den Differenzbetrag zwischen 390 € und dem Nettodurchschnittsverdienst der Arbeitnehmerin zahlt der Arbeitgeber (Arbeitgeberzuschuss nach § 14 MuSchG).
Wichtiger Hinweis
Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, erhalten, wenn sie zu Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind, während der Schutzfrist sowie für den Entbindungstag Mutterschaftsgeld, maximal 210 €. Das Mutterschaftsgeld wird diesen Beschäftigten auf Antrag vom Bundesversicherungsamt gezahlt.
§ 11 Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten (Mutterschutzlohn)
(1) Den unter den Geltungsbereich des § 1 fallenden Frauen ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung beziehen können, vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5 teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen. Dies gilt auch, wenn wegen dieser Verbote die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Wird das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft begonnen, so ist der Durchschnittsverdienst aus dem Arbeitsentgelt der ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung zu berechnen. Hat das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 oder 3 kürzer gedauert, so ist der kürzere Zeitraum der Berechnung zugrunde zu legen. Zeiten, in denen kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, bleiben außer Betracht.
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§ 13 Mutterschaftsgeld
(1) Frauen, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, erhalten für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 sowie für den Entbindungstag Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung oder des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte über das Mutterschaftsgeld.
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