Vorsicht – Bei selbstständigen Servicekräften im Handel kann Lohnsteuer nachgefordert werden
Immer mehr Lieferanten werden im Handel verpflichtet, die Regale durch Servicekräfte selbst auffüllen zu lassen. Aus verständlichen Kostengründen werden für diese Tätigkeit selbstständige Unternehmer eingesetzt. Dabei sind Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt über deren Arbeitnehmer- oder Unternehmereigenschaft vorprogrammiert. Der Bundesfinanzhof (BFH) nimmt in einem Grundsatzurteil zu der Frage eindeutig Stellung.
Der Fall aus der Praxis
Ein Waschmittelproduzent beauftragte Servicekräfte mit der Regalpflege von Warenhäusern. Diese sollten als selbstständige Unternehmer Leistungen vor Ort erbringen. Die Vergütung betrug ca. 5 € pro Stunde bei 1 bis 3,5 Stunden pro Woche. Die jeweiligen Auftragnehmer sollte als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Für die Abrechnung zum Monatsende bestätigte dann der Warenhausleiter der Servicekraft die Zahl ihrer Arbeitsstunden. Die Servicekraft rechnete dann über den jeweiligen Gebietsverkaufsleiter ihre Honorare ab. Das Finanzamt meinte, dass die Servicekräfte als lohnsteuerpflichtige Arbeitnehmer angesehen werden müssten. Es forderte deshalb für die Streitjahre hinsichtlich der an die Servicekräfte gezahlten Beträge Lohnsteuer (inkl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) nach. Das Finanzgericht wies die Klage des Wachmittelproduzenten ab.
Das sagt der Richter
Der BFH hob das Urteil auf und verwies zur erneuten Entscheidung an die Eingangsinstanz zurück. Zwar sei die Entscheidung des Fimanzgerichts, dass die im Rahmen des Vertriebs der Produkte der Klägerin in Warenhäusern beschäftigten Servicekräfte als Arbeitnehmer der Klägerin anzusehen sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG habe aber nicht hinreichend geprüft, ob hinsichtlich der Lohnsteuer der Servicekräfte die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme durch Nachforderungsbescheid tatsächlich vorliegen. Eine Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid komme dann in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Pauschale Lohnsteuer schulde der Arbeitgeber aber nur, wenn er der Pauschalierung zustimmt. Dem Arbeitgeber stehe es allerdings frei, ob und für welche Arbeitnehmer er von den gesetzlichen Pauschalierungsmöglichkeiten Gebrauch macht. Die Pauschalierung nach § 40a Abs.2 EStG a.F. dürfe deshalb nicht gegen den Willen des Arbeitgebers vorgenommen werden. Nach den bislang vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen ließe sich aber nicht beurteilen, ob die Klägerin das ihr zustehende Pauschalierungswahlrecht ausgeübt habe und die Voraussetzungen für einen Nachforderungsbescheid auch hinsichtlich der Servicekräfte der Klägerin vorliegen (BFH, Urteil vom 20.11.2008, Az.: VI R 4/06)
Das bedeutet die Entscheidung
Prinzipiell hält der BFH an seiner langjährigen Rechtsprechung fest. Ein Arbeitnehmer ist - in den Augen der Richter - ein offener Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen charakterisiert werden kann. Jeder Einzelfall ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen und die Merkmale, die für oder gegen ein Arbeitsverhältnis sprechen, gegeneinander abzuwägen.
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