Darf Erfolg auch leicht sein?
„Kein Erfolg ohne Mühe und Arbeit.“
Dieses Zitat von Ernst Thälmann sprang mir neulich auf der Facebook-Seite von Business-Netz ins Auge.
Wie antiquiert, dachte ich mir und kommentierte entsprechend. Und so passend, dass ich am Vortag erst in meinem Vortrag über Glaubenssätze gesprochen hatte und wie sehr uns diese blockieren können. Und genau das ist für mich so ein (überlieferter) Glaubenssatz, der positiv formuliert „Nur wer hart arbeitet, hat Erfolg“ bedeutet.
Ich habe gelernt, Glaubenssätze zu hinterfragen, ob sie – für mich ganz persönlich – noch Gültigkeit besitzen. Und dieser ist für mich nicht mehr gültig, was ich sofort mit „Nein, Erfolg darf auch leicht sein!“ kundgetan habe. Es entwickelte sich eine kleine Diskussion auf Facebook und die Idee für diesen Gastbeitrag war geboren.
Erfolg – Ein Definitionsversuch
Wenn Erfolg das Ergebnis anstrengender Arbeit und Mühe ist, dann braucht es erst einmal eine Vorstellung davon, was genau denn der Zielzustand im Erfolg ist. Ist Erfolg das Erreichen von außen definierter oder selbst gesteckter Ziele? Bedeutet Erfolg mein Haus, mein Auto, mein Boot? Das Konto voller Geld? Bin ich erfolgreich, wenn ich gerade so überleben kann, aber nicht auf Hilfe Dritter angewiesen bin? Erfolg ist für jeden etwas anderes und individuell in der eigenen Lebens- und Arbeitssituation zu definieren und auch zu bewerten.
Ich erlebe in Coachings, dass viele Menschen Erfolg sehr stark von der Beurteilung durch ihr Umfeld verknüpfen. Es ist wichtig, auch sich selbst bewusst zu machen, welches die eigenen Ziele sind und ob wir auf einem erfolgreichen Weg sind, diese zu erreichen.
Arbeit schlecht – Freizeit gut?
Mühe und Arbeit – welche Assoziationen kommen Ihnen bei beiden Begriffen in den Sinn? Mühe bedeutet Aufwand und Anstrengung, die in Erschöpfung und Müdigkeit mündet. Arbeit ist zum Geld verdienen da. Das Leben ist schließlich kein Ponyhof und die Miete muss bezahlt werden!
Arbeit schlecht – Freizeit gut. So zumindest haben wir es in den letzten Jahren durch die Diskussion um die Work-Life-Balance eingetrichtert bekommen: Nur wer es schafft, die böse Arbeit durch eine gute Freizeitgestaltung in Balance zu bringen, der hält sich gesund.
Das ist aus meiner heutigen Sicht die falsche Botschaft. Es geht vielmehr um bewusstes Energiemanagement. Überlegen Sie einmal, was Ihnen an Ihrer Arbeit Freude bereitet. Da gibt es bestimmt etwas, da bin ich sicher. Was uns im Job Spaß macht und was wir gut können, das kann uns genauso Energie und Kraft geben wie der Sport oder das Feierabendbierchen mit Freunden. Und auch umgekehrt gilt, dass uns viele Dinge in der Freizeit Energie und Kraft rauben. Work-Life-Balance bedeutet aus meiner Sicht, die Energieräuber auf beiden Seiten möglichst klein zu halten und die Energielieferanten auf beiden Seiten ganz bewusst auszubauen.
Bedeutet Mühe immer Anstrengung?
Angenommen, Sie haben Ihren Traumjob gefunden und gehen voll und ganz in Ihrem Beruf auf. Sie lieben, was Sie tun. Nach einem 10-Stunden-Tag werden auch Sie erschöpft sein, denn konzentrierte geistige oder anstrengende körperliche Arbeit kostet Energie. Dies ist aber eine andere Erschöpfung als nach einem Tag mit lästigen und unliebsamen Aufgaben.
Sie kennen dieses Gefühl vielleicht aus dem Sport, bei dem Sie sich so richtig ausgepowert haben. Ich bin „angenehm erschöpft“, heißt es dann oft. Oder Sie sprühen vielleicht sogar voller neuer Energie und Tatendrang, obwohl Sie in diesem Moment körperlich platt sind.
Unser Köper unterscheidet zwischen dem positiven Eustress und dem negativen Disstress. Negativer Stress mindert auf Dauer unsere Leistungsfähigkeit, wenn wir hierfür keinen Ausgleich finden. Positiver Stress beflügelt uns regelrecht, er erhöht unsere Aufmerksamkeit und unser Leistungspotenzial. Brennen wir für eine Aufgabe, sind wir hochmotiviert und empfinden selbst körperlich oder geistig anstrengende Tätigkeiten als Glücksmomente.
Harte Arbeit und Mühe führen zum Erfolg. Die zentrale Frage ist aber doch, wie wir selbst diese Arbeit empfinden. Ist sie mit hoher Motivation und starkem Eigeninteresse oder anderen als sinnvoll bewerteten Motiven und Zielen verknüpft, dann resultiert höchstwahrscheinlich positiver Stress.
Wer hingegen seinen Job hasst und sich täglich durch den Arbeitstag quält, seine Kollegen und Vorgesetzten am liebsten nicht sehen möchte, für den können 8 Stunden die Hölle sein. Vielleicht führt hier die Strategie „Augen zu und durch“ auch zum Erfolg. Die Folge hier ist jedoch höhst wahrscheinlich negativer Stress.
Ja, Erfolg darf leicht sein!
Sie bemerken wahrscheinlich, worauf ich hinaus möchte. Wir haben es zu großen Teilen selbst in der Hand, was harte Arbeit und Mühe für uns bedeuten. Ja, Arbeit bleibt Arbeit und diejenigen, die arbeitend den Tag am Gartentisch in der Sonne verbringen können, zählen zur Minderheit.
Erfolg darf auch leicht sein. Hier geht es vor allem um die Erlaubnis, auch mit dem, was Ihnen Spaß macht und Ihnen leicht fällt, erfolgreich sein zu dürfen. „Was ist das denn schon?“ höre ich oft. Wertschätzen Sie auch, was Ihnen leicht fällt. Und es geht um das Bewusstsein, die eigenen Erfolge als solche auch wahrzunehmen und anzuerkennen.
Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte: Gesunder Erfolg muss leicht sein!
Ich erlebe viele Menschen im Karriere-Coaching, die von außen betrachtet super erfolgreich sind, jedoch kurz vor dem Umkippen im Job stehen und sich ganz klar sind, dass es so nicht weitergehen soll. Sind Menschen erfolgreich, die ihre beruflichen Ziele heute sogar übererfüllen, aber morgen mit dem Herzinfarkt rechnen müssen?
Was macht Ihre Arbeit leicht(er)?
Die einen arbeiten, um zu leben. Die anderen leben, um arbeiten. Zu welcher Gruppe gehören Sie? Jeder von uns hat es in der Hand, etwas zu verändern und die Seite zu wechseln. Das ist keine Frage des Alters, der Herkunft oder der Bildung.
Es gibt nur einen Haken: Sind Sie ein Opfer dieser ach so bösen Welt oder sind Sie der Chef Ihres eigenen Lebens? Wer sich für das Opfer entscheidet, darf weiter über die harte Arbeit und die Mühe jammern und seine Erfolge nicht anerkennen. Wer sich entscheidet, etwas zu verändern und das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, für den kann Arbeit und Mühe zur gesunden Motivation auf dem Weg zum Erfolg werden.
Was macht Ihre Arbeit leichter? Es ist in der Praxis ganz selten die 180-Grad-Wendung im Beruf. Viel häufiger ist es das Bewusstsein und der Fokus auf das, was Ihnen im Beruf und auch im Leben wichtig ist sowie auf ein Umfeld, in dem Sie sich wohlfühlen. Drehen Sie zielgerichtet an den entsprechenden Stellschrauben, die Sie diesen Zielen näher bringen!
Mein Leitsatz lautet "Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Gesundheit und Erfolg" und nicht „Arbeit und Mühe ....“ Dies ist meine feste Überzeugung und wenn auch Sie herausfinden möchten, wie Erfolg auch leicht sein kann, dann kenne ich jemanden, der Ihnen hierbei behilflich sein kann.
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Kommentare
Darf Erfolg auch leicht sein? - Großartiger Artikel!
Danke für diesen Artikel!!! Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass heutzutage "Mein Haus, mein Pferd, mein Auto...." etc. nicht mehr ausreichen, um die eigene Wichtigkeit zu dokumentieren. Nein, oft ist zu hören, wie schrecklich schwer es jede/r im Berufsleben hat, wie hart man arbeiten muss, um ach so erfolgreich zu sein. Mir scheint, es geht eher darum, auch in dieser Form vor allen Dingen die eigene Wichtigkeit heraus zu stellen nach dem Motto: umso schwerer mein tägliches Tun, umso wichtiger bin ich. Toll, dass der Autor hier ein deutliches Gegengewicht setzt und somit einen interessanten Spiegel vorhält.