Eigenständige Vermögensverwaltung durch das Family Office
Nach Angaben der Deutschen Bundesbank stieg das Geldvermögen privater Haushalte Ende 2017 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 5 Prozent auf einen Rekordwert von 5.857 Milliarden Euro. Mit einem Nettovermögen von 468.000 € (alle Besitztümer einer erwachsenen Person abzüglich ihrer Schulden) gehört man zu dem reichsten Zehntel aller Deutschen. Die Zahl der Millionäre bei uns hat übrigens schon seit einiger Zeit die Millionengrenze überschritten. Wenn man also zu diesem illustren Kreis gehört, stellt sich für viele die Frage, wie sie ihr Vermögen optimal verwalten sollen. Banken und Sparkassen haben hier in der Vergangenheit einiges an Reputation eingebüßt – in diese Lücke stoßen Family Offices.
Family Offices sollen Vermögen erhalten und vermehren
Die Zahl sogenannter Family Offices ist in Deutschland in den letzten Jahren nachhaltig gewachsen. Der Begriff kommt aus dem angelsächsischen Sprachraum und bezeichnet im eigentlichen Sinn eine Organisation, deren Aufgabe in der Betreuung des privaten Vermögens einer Einzelperson oder – in der Regel – einer Familie liegt. Darüber hinaus wird zwischen einem Single Family Office (für eine Familie) und Multi Family Office (für mehrere Familien) unterschieden. Die Differenzierung gründet in der Anzahl der betreuten Familienvermögen. Mit einem Family Office wird meist
- die Verwaltung,
- die Organisation und
- der Erhalt bzw. die Vermehrung des Familienvermögens
bezweckt.
Family Offices vs. bankmäßige Vermögensverwaltung
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Family Office im eigentlichen Sinn und der Vermögensverwaltung durch eine Bank besteht darin, dass erstere unter der Kontrolle des bzw. der Eigentümer selbst und letztere unter Kontrolle der Bank steht. Entsprechend unterscheidet auch die Regulierungsbehörde BaFin. Die Bank als Vermögensverwalter benötigt die Erlaubnis der BaFin, während dies beim Family Office meist nicht der Fall ist – bspw. wenn für die Gesellschafterversammlung des Family Offices das Einstimmigkeitsprinzip festgeschrieben ist.
Family Offices aus Sicht der BaFin
Der Begriff Family Office ist leider gesetzlich nicht definiert. Die BaFin versteht darunter Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform, die sich mit der bankenunabhängigen Verwaltung großer privater Vermögen befassen. Ein Family Office ist meist organisiert als
- Angestellte/er der Vermögensinhaber,
- vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften der Vermögensinhaber,
- Kommanditgesellschaften mit den Vermögensinhabern als Kommanditisten,
- Dienstleister aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages.
Externe Family Offices verwalten das Vermögen mehrerer Familien in der Regel auf der Basis von Geschäftsbesorgungsverträgen. Neben der reinen Vermögensverwaltung erfüllen Family Offices nach Ansicht der BaFin weitere Aufgaben, die grundsätzlich keiner Erlaubnis nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) oder dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) bedürfen. Dazu gehört bspw. die allgemeine Beratung Vermögender, Mediation bei Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern, Buchführung, Controlling, Überwachung von Vermögensverwaltern oder allgemeine Dienstleistungen wie die Büroorganisation, Reiseplanung oder das Sicherheitsmanagement.
Internet-Tipp
Die BaFin hat im Mai 2014 ein ausführliches Merkblatt zur Erlaubnispflicht gemäß KWG und KAGB von Family Offices veröffentlicht.
Für wen sind Family Offices interessant?
Die Dienstleistung „Family Office“ ist vor allem aus dem zeitlichen Engpass vieler vermögender Unternehmer bzw. Familien sowie aus den Problemen der fehlenden Vernetzung der einzelnen Ansprechpartner entstanden. Im idealen Family Office sollen deshalb die verschiedensten persönlichen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Sichtweisen kybernetisch abgestimmt werden. Ein weiterer Vorteil des Family Office besteht in der Kostenersparnis. Da Anleger und Eigentümer identisch sind, werden keine Verwaltungsgebühren fällig – es entstehen lediglich Personal- und Fremdkosten.
Aufpassen
Ein Single Family Office ist wirtschaftlich allerdings erst dann sinnvoll, wenn die Verwaltungsgebühren einer externen Vermögensverwaltung spürbar mehr betragen als die Personalkosten, die Sie für ein eigenes Family Office aufbringen müssen.
Fachleute gehen hier bspw. von einem jährlichen Mindestaufwand von einer Million Euro aus, der Anteil der Personalkosten wird hier mit 60 % veranschlagt. Ein Multi Family Office, das mehrere Familienvermögen betreut, ist meist wesentlich kostengünstiger. Allerdings ist der Unterschied zu einer klassischen bankmäßigen Vermögensverwaltung auch viel geringer als beim Single Family Office.
Hinweis
Das anschauliche Beispiel eines Single Family Office finden Sie bei der Rene Köhler Group. Der Gründer von fahrrad.de hatte sein Unternehmen Ende 2016 an SIGNA Retail verkauft und investiert über sein Family Office seitdem in Private-Equity-Fonds und Immobilien.
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