Projektziele: Welche Aspekte sind wirklich wichtig für eine erfolgreiche Projektplanung?
Frage trifft Antwort im Projektmanagement
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Ihre Frage:
„Seit Kurzem habe ich die Leitung eines Game-Projektes übernommen. Die neue Software muss pünktlich mit Beginn des Weihnachtsgeschäfts in den Handel gehen. Bei der Definition der Ziele drifte ich aber mit meinem Auftraggeber deutlich auseinander. Außerdem hat er es mit der Zielebetrachtung nicht gerade eilig.
Welche Zielaspekte sind wichtig, und lasse ich mich da auf ein gefährliches Spiel ein, wenn ich die Ziele nicht ausführlich betrachte?“
Frau C. Congi, Game-Projektleiterin
Projektmanagement-Expertin Bianca Fuhrmann:
Oh, das ist ja mal eine spannende Frage. Und meine Antwort ist kurz und knackig. Wie gehen Sie denn mit dem Weihnachtstermin um, bleibt’s beim 24.12. oder verlegt Ihr Unternehmen auch öfters mal Weihnachten in den Januar?
Scherz beiseite. Klar kann man Projekte mit einem offenen Zieltermin und unklaren Rahmenbedingungen planen, aber das kann ich absolut nicht empfehlen, denn diese Projekte sind dem Untergang näher als dem Erfolg.
Eine ausführliche Betrachtung der Ziele und die anschließende Planung waren die Erfolgsgaranten Nummer eins.
Und so verhält es sich auch bei Ihrem Projekt, wenn Sie aus Weihnachten nicht Ostern machen wollen und auch nicht können. Also gilt es zuerst zu hinterfragen, warum Ihr Auftraggeber so locker mit der Zieldefinition umgeht, und was zu tun ist, damit Sie mehr Verbindlichkeiten in Ihr Projekt bekommen.
Starten wir gleich mit der brennendsten Frage:
Warum sieht Ihr Projekt-Auftraggeber die Projektziele so locker?
Hier können wir selbstverständlich Hypothesen aufstellen, spekulieren und dann folgende Interpretationen sammeln:
- Das Produkt ist nicht fest für dieses Jahr eingeplant.
- Der Auftraggeber möchte, dass Sie das Projekt an die Wand fahren.
- Der Auftraggeber ist vielleicht bald nicht mehr im Unternehmen und möchte eine ruhige Kugel schieben.
- …
Sie sehen, die Interpretationen sind ganz schön irrational. Und oft müssen Interpretationen wirklich gar nichts mit der Realität zu tun haben. Und bevor Sie noch eine Verschwörungstheorie schmieden, gebe ich Ihnen einfach meinen absoluten Geheimtipp:
Nicht spekulieren, sondern fragen!
Nachdem das geklärt ist, bitten Sie ihn anschließend um das Festzurren der Projektziele. Sprechen Sie Ihren Auftraggeber an und fragen Sie ihn, warum die Projektziele nicht festgelegt werden können. Klarheit siegt immer und verbindet sie beide als gleichberechtigte Gesprächspartner. Denn wer klar fragt, bekommt auch meistens eine klare Antwort.
In der Regel wird hierfür gerne „das magische Dreieck“ verwendet. Diese Herangehensweise ist meiner Meinung nach nicht mehr ganz zeitgemäß, da sie den wichtigsten Faktor, den Menschen, nicht berücksichtigt und auf die Nichtziele, also die Dinge, die nicht erledigt werden sollen, nicht eingeht.
Deshalb verwende ich „die magische Zielscheibe“.
Die magische Zielscheibe: In fünf Schritten die Projektziele klären
Schritt Nummer 1: Welche Ziele und Nichtziele gibt es?
Im ersten Schritt müssen Sie die Ziele und die Nichtziele ermitteln, also das, was Ihr Produkt bei der Erreichung des Ziels können soll. Und ja, Sie haben richtig gelesen, zu wissen, was man nicht tun soll, ist genauso wichtig wie die Kenntnis über die Ziele. Denn gerade dann, wenn es kritisch wird, werden gerne Nichtziele, also Dinge, die Sie auch noch erledigen können, ins Projektvorhaben mit aufgenommen. In hektischen Situationen fehlt dann oft der klare Blick für das Wesentliche. Wenn Sie also von Anfang an Ziele und Nichtziele definieren, kann nur noch wenig den Blick trüben.
Schritt Nummer 2: Welchen Endtermin und welche Zwischentermine, sogenannte Meilensteine, wollen Sie erreichen?
Auch die Frage, welche Termine gefordert wurden und wie groß der Unterschied zwischen dem Auftraggeberwunsch und Ihrer Abschätzung ist, sollte in die Betrachtung mit einfließen.
Schritt Nummer 3: Mit welcher Qualität wollen Sie das Ziel erreichen?
- Was ist Ihr gemeinsames Qualitätsverständnis und was sind die entsprechenden Qualitätsmerkmale? Wie weit liegen auch hier wieder Wunsch und Abschätzung auseinander?
- Was brauchen Sie, um diese Qualität erzielen zu können? Welche Kollegen und welches Know-how benötigen Sie?
- Wie teuer wird die Qualitätserreichung und welche Technik, welche Dienstleister oder sonstige Mittel werden gebraucht?
Schritt Nummer 4: Welches Budget benötigen Sie, um die geforderte Qualität und den gewünschten Termin halten zu können?
Auch hier ist wieder die Frage nach dem Delta zwischen dem Auftraggeberwunsch und Ihrer Abschätzung zu klären.
Schritt Nummer 5: Wie viel Projektmitarbeiter, sprich Ressourcen, brauchen Sie?
- Wer sind Ihre Wunschkandidaten?
- Welches Wissen müssen Sie mitbringen?
- Auf wen können Sie auf keinen Fall verzichten?
- Und zu wie viel Prozent müssen diese Personen dem Projekt zur Verfügung stehen?
- Bitte auch hier wieder Wunsch und Abschätzung abstimmen.
Ziele, Nichtziele, Termine, Qualität, Budget und Ressourcen …
Wenn Sie die sechs Aspekte im Detail abstimmen, diese um eine Risikobetrachtung ergänzen und anschließend dafür sorgen, dass Sie und der Auftraggeber auf einen Nenner kommen, dann steht dem erfolgreichen Projektstart nichts mehr im Wege.
Und wenn Sie nun noch wissen wollen, wie Abgabetermine auch wirklich eingehalten werden, dann empfehle ich Ihnen meine Tipps aus der Frage „Wie sorge ich dafür, dass Abgabetermine auch wirklich eingehalten werden?“
Eine Frage noch:
Welche Erfahrung haben Sie mit dem Festzurren der Projektziele? Und wie sorgen Sie dafür, dass nicht im Nachgang durch plötzlich einsetzendes Büro-Alzheimer alles Besprochene vergessen wird? Ich freue mich über Ihre Kommentare.
Ihre Bianca Fuhrmann
Das Buch zum Thema:
Projekt-Voodoo®: Wie Sie die Tücken des Projektalltags meistern und selbst verfahrene Projekte in Erfolge verwandeln. Es ist der Krisen- und Konfliktmanagement-Ratgeber für Projektleiter und Führungskräfte.
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