Einkommensteuererklärung muss nicht zwingend in elektronischer Form abgegeben werden
Selbständige, Freiberufler und Gewerbetreibende sind eigentlich seit 2011 gesetzlich verpflichtet, ihre Steuererklärung in elektronischer Form an das Finanzamt weiterzuleiten. Dies gilt u. a. für die Einkommensteuererklärung, die Umsatzsteuererklärung und natürlich auch für die Gewerbesteuererklärung so. Nicht jedem ist allerdings bekannt, dass es hier eine Härtefallregelung gibt, die es erlaubt, die entsprechenden Steuererklärungen wie früher in Papierform zu erstellen. Die Finanzämter sind davon natürlich wenig begeistert, so dass ein ehemaliger Finanzbeamter jetzt den Finanzrechtsweg beschreiten musste.
Rentner mit selbstständigem Nebenjob verweigert elektronische Steuererklärung
Der Kläger war bis 2009 als Finanzbeamter tätig und hatte sich 2010 zum Steuerberater bestellen lassen. Seit 2013 erzielt er mit seiner von ihm in seiner Privatwohnung und ohne Mitarbeiter betriebenen Praxis Einnahmen in minimaler Höhe, was bis dato zu Verlusten führte, die in den Einkommensteuerfestsetzungen als sog. "Liebhaberei" keine Berücksichtigung fanden. Außerdem war er seit 2013 als selbständiger Zeitungszusteller tätig. Seine hieraus im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelten Gewinne betrugen lt. den erklärungsgemäß ergangenen Veranlagungen in 2013 knapp 2.800,00 € und in 2014 rd. 2.900,00 € bei Einnahmen von 5.700,00 € bzw. 5.100,00 €. Außerdem besitzt er Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, das sich nach seinen Angaben auf 200.000,00 bis 250.000,00 € beläuft. Seine schriftliche Einkommensteuererklärung 2014 wurde ihm vom Finanzamt unter Hinweis auf die Pflicht zur elektronischen Abgabe zunächst wieder unbearbeitet zurückgeschickt. Nach erneuter Einreichung erfolgte jedoch eine Steuerveranlagung. Im Juli 2015 forderte ihn das zuständige Finanzamt auf, seine Einkommensteuererklärung künftig grundsätzlich in elektronischer Form (nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung) abzugeben. Daraufhin beantragte der Steuerzahler, die Einkommensteuererklärung aus Billigkeitsgründen auch weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, da er weder die entsprechende Hardware noch einen Internetanschluss besitze und nur über eine sehr eingeschränkte „Medienkompetenz“ verfüge.
Finanzamt lehnt Abgabe in Papierform ab
Das Finanzamt wies den Antrag zurück. Der Gesetzgeber erwarte auch von denjenigen Steuerpflichtigen die elektronische Übermittlung, die dazu erst noch die Technik anschaffen und sich das Wissen im Umgang mit ihr aneignen müssten. Nur wenn ihm als Steuerpflichtigen die mit der Schaffung und dem Unterhalt verbundenen Kosten nach persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden könne, rechtfertige dies eine Ausnahme. Gleiches gelte in Bezug auf seine individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Mann zog vor das Finanzgericht.
Elektronische Form kann wirtschaftlich unzumutbar sein
Das Gericht gab der Klage statt und hob die ablehnende Entscheidung des Finanzamtes auf. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, vom Erfordernis der elektronischen Form befreit zu werden, weil ihm dies angesichts seiner geringen Betriebseinnahmen wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Denn zu den Kosten der Umstellung auf den elektronischen Verkehr mit dem Finanzamt gehörten nicht nur die Aufwendungen für die Anschaffung der Hard- und Software der entsprechenden EDV, sondern auch für deren Einrichtung, Wartung und ähnliche Dienstleistungen. Alle diese Kosten müssten in einer wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb bzw. den daraus erzielten Einkünften stehen. Da nur die Verhältnisse des konkreten Steuerzahlers maßgeblich seien, sei es hier unbeachtlich, ob und in welcher Höhe der Steuerpflichtige noch andere Einkünfte oder Vermögen habe. Deshalb seien auch die – hier nicht unerheblichen – Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen insoweit irrelevant. Solche Einkünfte lösten kraft Gesetzes keine Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung in elektronischer Form aus. Da die Revision vom Gericht nicht zugelassen wurde, hat das beklagte Finanzamt Beschwerde beim BFH eingelegt. (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.10.2016 2 K 2352/15)
Einkunftshöhe ist entscheidend
Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung besteht in aller Regel auch nicht, wenn die Gewinneinkünfte weniger als 410 Euro betragen und im Übrigen nur lohnsteuerpflichtige Einkünfte erzielt werden. Kleinstunternehmer mit Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro dürfen ihrer Steuererklärung anstelle der „Anlage EUR“ eine formlose Gewinnermittlung beilegen. In diesem Fall sind sie auch nicht verpflichtet, die Einnahmen-Überschussrechnung auf elektronischem Wege an die Finanzverwaltung zu übermitteln (s. a. BMF-Schreiben v. 29.09.2016 IV C 6 - S 2142/07/10001:011, BStBl 2016 I S. 1019).
Tipp
Selbst wenn für Sie die Härtefallregelung (s. § 25 Absatz 4 Satz 2 EStG bzw. § 150 Absatz 8 AO) in Frage kommt, sollten Sie berücksichtigen, dass eine ordentliche Buchführung zur Erstellung der Einkommensteuererklärung unverzichtbar ist. Hier erleichtern Ihnen entsprechend individuell gestaltete Ordner die Ablage.
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