Gericht bestätigt Zutrittsverbot für gekündigtes Betriebsratsmitglied
Solange nicht gerichtlich geklärt ist, ob die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unwirksam ist, darf er sein Amt nicht ausüben. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Kurz nach der Betriebsratswahl hatte ein Arbeitgeber einem neu gewählten Betriebsratsmitglied ordentlich gekündigt. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren hatte das zuständige Arbeitsgericht (ArbG) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Über den Weiterbeschäftigungsantrag des Betriebsratsmitglieds hatte das Arbeitsgericht nicht entschieden. In der Folge kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsmitglied erneut, dieses Mal fristlos und hilfsweise ordentlich. Darüber hinaus sprach er gegenüber dem Betriebsratsmitglied ein Zutrittsverbot für den Betrieb aus. Das Betriebsratsmitglied klagte gegen den Rauswurf und das Hausverbot.
Das sagt der Richter
Ohne Erfolg. Das Gericht war der Auffassung, dass durch eine mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung eines Betriebsratsmitglieds dessen Mitgliedschaft im Betriebsrat bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens grundsätzlich zweifelhaft sei. Die Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führe in der Regel dazu, dass von einer Verhinderung des Betriebsratsmitglieds an der Amtsausübung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bis zum rechtskräftigen Obsiegen im Kündigungsschutzverfahren auszugehen sei. Während dieses "Ungewissheits-Tatbestands" bestehe kein Zutrittsrecht zum Betrieb, um das Betriebsratsamt wahrzunehmen. Das Zutrittsrecht bestehe nur dann fort, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam sei bzw. wenn das gekündigte Betriebsratsmitglied den Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung arbeitsgerichtlich durchgesetzt habe. Nicht ausreichend sei, dass das Arbeitsgericht im ersten Rechtszug die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung festgestellt habe, ohne über den Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zu entscheiden. Zwar sei dann im Normalfall vom Bestehen eines Anspruchs auf Weiterbeschäftigung auszugehen. Gerichtlich geprüft und festgestellt sei dieser Anspruch jedoch nicht. Die vorläufige Aberkennung des Zutrittsrechts während des laufenden Rechtsstreits sei keine die Ausübung des Betriebsratsamts nach § 78 BetrVG unzulässig behindernde Maßnahme. Denn allein dadurch trete eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Betriebsrats nicht ein, weil für das verhinderte (gekündigte) Betriebsratsmitglied ein Ersatzmitglied zu laden sei und im Regelfall auch geladen werden könne (LAG München, Urteil vom 15.04.2011, Az.: 3 TaBVGa 20/10).
Das bedeutet die Entscheidung
Hat ein Arbeitgeber einem Mitglied der Arbeitnehmervertretung gekündigt, so führt dies in der Regel zu einer Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Diese Ungewissheit rechtfertigt es, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens von einer Verhinderung an der Amtsausübung auszugehen und ein Zutrittsrecht zum Betrieb zur Ausübung des Betriebsratsamtes nach Wirksamwerden der Kündigungserklärung zu verneinen. Doch Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Ist die Kündigung offensichtlich unwirksam, ist das Hausverbot unzulässig. Das gleich gilt, wenn das Betriebsratsmitglied vor Gericht einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung durchgesetzt hat.
Wie uneinheitlich die Rechtsprechung in der Frage des Hausverbots für Betriebsratsmitglieder ist, können Sie ersehen, wenn Sie unseren Beitrag: Hausverbot für Betriebsrat ist unzulässig lesen.
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