Arbeitnehmer dürfen über Gehaltshöhe plaudern
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern nicht per Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag verbieten, mit Arbeitskollegen über die Gehaltshöhe zu diskutieren.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer ist seit 2007 in einem Unternehmen beschäftigt. Der zugrunde liegende Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Klausel:
"Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln, im Interesse des Betriebsfriedens auch gegenüber anderen Firmenangehörigen."
Der Arbeitgeber erteilte dem Mitarbeiter im März 2009 eine Abmahnung, weil er sich entgegen seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag mit einem Arbeitskollegen über die Höhe seines Gehalts und die entsprechenden Erhöhungen im Januar und Februar 2009 unterhalten habe. Gespräche über das Gehalt könnten den Arbeitsfrieden beeinträchtigen. Da es um Tatsachen gehe sei auch nicht die Meinungsfreiheit der Arbeitnehmer betroffen. Der Mitarbeiter klagte auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.
Das sagt der Richter
Die Klage hatte Erfolg. Der Arbeitgeber muss nach Auffassung des Gerichts die Abmahnung aus der Personalakte entfernen, da keine Pflichtverletzung des Mitarbeiters vorliege. Er habe zwar möglicherweise gegen die Klausel aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Diese Klausel stelle aber eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben i. S .v. § 307 BGB dar und sei damit unwirksam. Arbeitgeber müssten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch bei der Lohngestaltung den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Könnte man dem Arbeitnehmer Gespräche mit Kollegen über das Gehalt wirksam verbieten, so hätte er kein erfolgversprechendes Mittel, Ansprüche wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Lohngestaltung gerichtlich geltend zu machen. Denn die einzige Möglichkeit, um festzustellen, ob weitergehende Lohnansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz erwachsen, sei das Gespräch mit Arbeitskollegen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.10.2009, Az: 2 Sa 237/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Es bleibt abzuwarten, ob das BAG im Revisionsverfahren in dieser Sache zu einem arbeitgeberfreundlichen Urteil kommen wird. Die Chancen stehen eher schlecht, weil das LAG seine Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des BAG zur Gleichbehandlung hinsichtlich der Lohngestaltung gestützt hat.
Wichtiger Hinweis
Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz lässt sich grundsätzlich entnehmen, dass bei begünstigenden Maßnahmen einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich schlechter behandelt werden dürfen als andere, vergleichbare Arbeitnehmer
Checkliste zum Download
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