Betriebsgeheimnis verraten: Kündigung wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht rechtens
Arbeitnehmer verrät Betriebsgeheimnis: Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kostet Job
Verletzt ein Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht, indem er durch die Weitergabe von Fotos und Skizzen aus dem Geschäftsbereich an außenstehende Dritte ein Betriebsgeheimnis verrät, so ist die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung wirksam.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer hatte sich vertraglich verpflichtet, über alle ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Tatsachen, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, zu schweigen. Auch sollte er darauf achten, dass Betriebsfremde keinen Zugriff auf Finanzen, Steuern und Kalkulationen sowie auf Daten der Produktion, Konstruktion und Entwicklung haben. Der Arbeitgeber warf dem Beschäftigten vor, die vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht verletzt zu haben, indem er Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verraten habe und kündigte deshalb das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Beschäftigte soll die Anschrift und die vollständigen Verbindungsdaten eines in China ansässigen Lieferanten seines Arbeitgebers sowie Fotos dort produzierter Duschkabinen weitergegeben haben. Außerdem habe er einer anderen Firma eine mögliche Bezugsquelle für die vom Arbeitgeber vertriebenen Waren genannt, die dazu geeignet gewesen sei, dort selbst einzukaufen oder gar in Konkurrenz zu dem Arbeitgeber produzieren zu lassen. Bei den Preisen eines Glaslieferanten, die der Beschäftigte per E-Mail weitergeleitet habe, habe es sich um der Firma eingeräumte Vorzugspreise und damit um absolut vertrauliche Kalkulationsdaten gehandelt. Darüber hinaus habe der Beschäftigte noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses die Gründung eines eigenen Betriebs vorangetrieben.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Er räumte ein, Preislisten weitergegeben zu haben, bestritt aber, Betriebsgeheimnisse verraten zu haben. Es habe sich um im Internet frei zugängliche Daten und Fotos gehandelt. Skizzen, die er weitergeleitet habe, seien sämtlichen Monteuren des Betriebes bekannt gewesen. Die Widerrechtlichkeit seines Handelns sei ihm nicht bewusst gewesen. Seinem Arbeitgeber sei durch sein Handeln auch kein Schaden entstanden. Außerdem hätte der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. Im Übrigen hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.
Das sagt das Gericht
Das Gericht war anderer Meinung und erklärte die fristlose Kündigung für wirksam. Im Gesamtverhalten des Beschäftigten liege ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht durch die Datenweitergabe mehrfach und nachhaltig verletzt. Der Verstoß sei so schwerwiegend, dass es nicht mehr darauf angekommen sei, ob der Arbeitnehmer die Daten bewusst weitergegeben hat. In einem solchen Fall sei es für den Arbeitgeber unzumutbar, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Unerheblich sei dabei, ob sich der Beschäftigte in vollem Umfang der Tragweite seines Verhaltens bewusst gewesen war. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei nachhaltig zerstört (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.2011, Az.: 6 Sa 278/11).
Verschwiegenheitspflicht ist grundsätzlich im Arbeitsvertrag geregelt
In der Regel verpflichtet der Arbeitsvertrag die Beschäftigten zur Verschwiegenheit hinsichtlich von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit beginnt mit der Unterschrift unter den Arbeitsvertrag und endet grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Anders verhält es sich nur im Falle der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. In einem solchen Fall ist der Arbeitnehmer auch nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Wichtiger Hinweis
Ist die Verschwiegenheitspflicht im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich geregelt, so leitet sich die Geheimhaltungspflicht aus der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht des Arbeitnehmers ab.
So unterscheiden Sie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Das Bundesverfassungsgericht definiert Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wie folgt:
„Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne, während Geschäftsgeheimnisse vornehmlich kaufmännisches Wissen betreffen“.
Die wichtigsten Betriebsgeheimnisse im Überblick
- Technisches Know-how
- Rezepturen
- Konstruktionspläne
- Konstruktions- und Herstellungsverfahren
- Prozesse
- Verfahren
- Formeln
- Instrumente
- Muster
- Pläne
- Zeichnungen
- Skizzen
- Designs
Die wichtigsten Geschäftsgeheimnisse im Überblick
- Umsätze
- Ertragslagen
- Geschäftsbücher
- Kundenlisten
- Kundendaten
- Bezugsquellen
- Lieferkonditionen
- Marktstrategien
- Unterlagen zur Kreditwürdigkeit
- Kalkulationsunterlagen
- Patentanmeldungen
- Entwicklungs- und Forschungsprojekte
- Einkaufpreise
- Personalangelegenheiten
- Marketingkonzepte
Beim Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen droht Haft
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen dem strafrechtlichen Schutz nach §§ 203f Strafgesetzbuch (StGB) und §§ 17f UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb):
§ 17 Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen
(1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen,
1. sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch
a) Anwendung technischer Mittel,
b) Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder
c) Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist,
unbefugt verschafft oder sichert oder
2. ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gewerbsmäßig handelt,
2. bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder
3. eine Verwertung nach Absatz 2 Nummer 2 im Ausland selbst vornimmt.
(5) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(6) § 5 Nummer 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,
4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist.
4a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
1. Amtsträger,
2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4. Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5. öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6. Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist.
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