Falschetikettierung: Verantwortungslosigkeit kostet Arbeitsplatz
Verantwortungsbewusstsein am Arbeitsplatz gehört zu den Treuepflichten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Schädigt ein Mitarbeiter durch sein verantwortungsloses Verhalten den Ruf seines Arbeitgebers und gefährdet dabei die Gesundheit von Kunden, ist die Kündigung logische Konsequenz.
Der Fall aus der Praxis
Ein schwerhöriger Arbeitnehmer, der seit fast 30 Jahren als Metzgermeister in einem Supermarkt arbeitete, hatte industrieverpacktes Grillfleisch einen Tag vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums in Packungen des Supermarkts umverpackt und mit einem neuen, um drei Tage verlängerten Mindesthaltbarkeitsdatum versehen. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Beschäftigte erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt der Richter
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Meinung des Gerichts sei die Kündigung wirksam. Das Manipulationsverhalten erfülle die Voraussetzungen einer Straftat, da es in eklatanter Weise gegen das Lebensmittelrecht verstoße. Der Arbeitnehmer habe durch sein Verhalten die Kunden getäuscht und sich nach § 11 Abs. 1 und § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch) strafbar gemacht. Erschwerend komme dazu, dass dem Beschäftigten wegen eines ähnlichen Vorfalls bereits einmal gekündigt worden sei, was vom Arbeitgeber aber revidiert wurde, nachdem der Arbeitnehmer sich verpflichtet hatte, seine Tätigkeit ordnungsgemäß zu verrichten. Daher könne dieser sich auch nicht darauf berufen, die Anweisungen des Arbeitgebers aufgrund seines Hörleidens nicht richtig vernommen zu haben. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dem Beschäftigten die Gesundheit der Kunden völlig gleichgültig sei und er deshalb vorsätzlich gehandelt habe. Da dem Arbeitgeber dadurch die Gefahr eines massiven Rufschadens und Kundenverluste drohte, durfte dieser mit einer fristlose Kündigung reagieren (LAG Köln, Urteil vom 19.01.2009, Az.: 5 Sa 1323/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Zeigt ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz kein oder nur wenig Verantwortungsgefühl, können Sie ihm kündigen. Das gilt vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten die Gefahr eines massiven Rufschadens für Ihr Unternehmen in Kauf nimmt.
Verletzung der Treuepflicht löst Schadenersatzanspruch aus
Der Arbeitgeber im Eingangsfall hat dem Mitarbeiter „nur“ gekündigt, hätte aber auch einen Schadenersatzanspruch geltend machen können, denn der Metzger hat durch sein Verhalten gegen seine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber vorsätzlich, also schuldhaft verstoßen.
Expertenrat
Die Treuepflicht des Arbeitnehmers bildet das Gegenstück zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Danach sind die Mitarbeiter verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und alle Tätigkeiten zu unterlassen, die diese Interessen schädigen können.
Vertragsstrafenklausel verwenden
Bestimmte Arbeitsplätze – insbesondere in der Lebensmittelindustrie - erfordern die Einhaltung strenger Hygieneregeln und ein besonders hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter gegenüber den Kunden. Arbeitgeber sollten deshalb bereits bei der Einstellung darauf achten, entsprechende Vertragsklauseln zu verwenden, die dem erhöhten Verantwortungsbedürfnis gerecht werden. Es bietet sich an, Vertragsstrafenklauseln in den Arbeitsvertrag einzubauen.
Vorsicht
Die Rechtsprechung fordert bei der Gestaltung von Vertragsstrafenklauseln, dass sowohl die vereinbarte Strafe als auch der Tatbestand, der sie auslösen soll, klar und deutlich bezeichnet sind.
Muster zum Download
Werfen Sie einen Blick auf unser Muster: Klausel Arbeitsvertrag - Vertragsstrafe.
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