Trotz NPD-Mitgliedschaft: Rechtsextremer Schornsteinfeger darf Job behalten
Keine Unzuverlässigkeit im Job wegen Mitgliedschaft in NPD
Die Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister darf nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt nicht widerrufen werden, weil der Schornsteinfeger in der NPD aktiv ist. Allein die NPD-Mitgliedschaft begründe nicht die Unzuverlässigkeit für seinen Beruf, so das Gericht.
Der Fall aus der Praxis
Ein Schornsteinfeger, der aktives Mitglied in der NPD ist, war zum Bezirksschornsteinfeger bestellt worden. Die Bestellung wurde jedoch kurz darauf nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 Schornsteinfegergesetz (SchfG) widerrufen, weil es dem Schornsteinfeger wegen seiner aktiven NPD-Mitgliedschaft an der zur Ausübung der Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister erforderlichen Zuverlässigkeit fehle. Der Schornsteinfeger klagte erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht (VG) Halle gegen den Widerruf. Das Landesverwaltungsamt war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und ging in Berufung.
Das sagt das Gericht
Das OVG des Landes Sachsen-Anhalt hat die Berufung des Landesverwaltungsamtes gegen das Urteil des VG Halle zurückgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nr. 1 Schornsteinfegergesetz (SchfG) (siehe unten) für den Widerruf der Bestellung des Klägers seien nicht erfüllt gewesen. Der Widerruf der Bestellung sei vor allem mit den Aktivitäten des Klägers für die NPD und einer daraus zu folgernden fehlenden Zuverlässigkeit für die Ausübung des Berufs des Bezirksschornsteinfegermeisters begründet worden. Zwar könne auch ein Verhalten im privaten Bereich die Unzuverlässigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters für seinen Beruf begründen. Insoweit müsse es sich aber um ein Verhalten handeln, das Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der Aufgabenwahrnehmung habe. Dafür gebe es jedoch keine hinreichend konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte.
Die dem Kläger vorgeworfenen Aktivitäten in der rechtsextremistischen Szene seien für sich genommen nicht geeignet, die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers für die Erfüllung seiner Aufgabe als Bezirksschornsteinfegermeister zu verneinen. Zwar sei das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger mit den Zielen der NPD identifiziere und sich aktiv für die Partei einsetze. Für die Entscheidung sei aber letztlich ausschlaggebend, dass das hier maßgebliche SchfG aus dem Jahr 1969 eine spezifische Verfassungstreue des Bezirksschornsteinfegermeisters, wie sie etwa für Beamte gelte, nicht voraussetze (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.11.2011, Az.: 1 L 103/10).
Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps
Mit anderen Worten ist der Widerruf der Bestellung eines Bezirksschornsteinfegers wegen dessen rechtsextremistischer Gesinnung rechtswidrig, wenn seine privaten Aktivitäten keinerlei Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit seiner Aufgabenwahrnehmung haben.
Wichtiger Hinweis
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, um den Rechtsbegriff der "persönlichen Zuverlässigkeit" gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG höchstrichterlich klären zu lassen.
Für Schornsteinfeger gilt keine Verfassungstreue
Das Schornsteinfegergesetz verlangt bislang von einem Bezirksschornsteinfegermeister keine spezifische Verfassungstreue, wie sie beispielsweise für Beamte gilt.
Laut Landesverwaltungsamt hatte sich der Bezirksschornsteinfegermeister wiederholt an Veranstaltungen rechtsradikaler Gruppierungen beteiligt. Darüber hinaus sitzt er für die NPD im Kreistag.
Das sagt Gesetz
§ 11 Rücknahme, Widerruf, Aufhebung
(1) Die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister ist zurückzunehmen, wenn der
Bezirksschornsteinfegermeister die Bestellung durch Vorlage falscher Unterlagen oder auf sonstige Weise erschlichen hat.
(2) Die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister ist nach Anhörung des Vorstandes der
Schornsteinfegerinnung zu widerrufen, wenn
1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Bezirksschornsteinfegermeister nicht die erforderliche persönliche oder fachliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Berufs besitzt;
2. der Bezirksschornsteinfegermeister, gegen den innerhalb der letzten zehn Jahre zweimal wegen Verletzung seiner Berufspflichten Warnungsgeld angeordnet worden ist, abermals seine Berufspflichten schuldhaft gröblich verletzt hat.
(3) Die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister kann widerrufen werden, wenn die Kehrbezirkseinteilung geändert wird.
(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 oder 2 haben keine aufschiebende Wirkung.
(5) Auf Antrag des Bezirksschornsteinfegermeisters ist seine Bestellung aufzuheben.
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