BAG: Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gibt’s nur am Stück
BAG negiert zeitliche Aufteilung der Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz
Arbeitnehmer dürfen nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz nur einmal beanspruchen. Die Bundesrichter haben sich in ihrer Entscheidung (Az.: 9 AZR 348/10) klar gegen die Aufteilung der Auszeit zur Pflege auf mehrere Zeitabschnitte ausgesprochen.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer hatte seinem Arbeitgeber mitgeteilt, dass er im Zeitraum vom 15. bis 19.06.2009 seine pflegebedürftige Mutter unter Inanspruchnahme von Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) zu Hause pflegen wolle. Der Arbeitgeber war damit einverstanden. Mit Schreiben vom 09.06.2009 zeigte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber an, dass er seine Mutter auch am 28. und 29.12.2009 zu pflegen beabsichtige. Der Arbeitgeber verweigerte seine Zustimmung mit der Begründung, dass der Arbeitnehmer nicht berechtigt sei, für denselben Angehörigen Pflegezeit in mehreren Zeitabschnitten zu nehmen. Der Beschäftigte war anderer Auffassung und zog vor Gericht. Er beantragte die Feststellung, dass ihm weiterhin Pflegezeit bis zu einer Gesamtdauer von sechs Monaten abzüglich der bereits genommenen Woche zustehe.
Das sagt das Gericht
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Pflegezeit (PflegeZG) sind Arbeitnehmer in Betrieben, in denen der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, urteilten die Bundesrichter. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG beträgt die Pflegezeit nach § 3 PflegeZG für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal sechs Monate (Höchstdauer). § 3 Abs. 1 PflegeZG gebe dem Arbeitnehmer nur ein einmaliges Gestaltungsrecht, das er durch die Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber, Pflegezeit zu nehmen, ausübe. Mit der erstmaligen Inanspruchnahme von Pflegezeit sei dieses Recht erloschen. Auch dann, wenn die genehmigte Pflegezeit die Höchstdauer von sechs Monaten unterschreite (BAG, Urteil vom 15.11.2011, Az.: 9 AZR 348/10).
Pflegezeitgesetz dient Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege
Das Pflegezeitgesetz ist seit 2008 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit zu bieten, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und somit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern, § 1 PflegeZG. Das Pflegezeitgesetz gewährt den Beschäftigten zu diesem Zweck einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit für die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen.
Häusliche Pflege nach dem Pflegezeitgesetz erfordert Freistellung
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG ist der Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigte, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen. Voraussetzung für die Freistellung ist, dass im Betrieb des Arbeitgebers in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Wichtiger Hinweis
Nach § 7 Abs. 4 PflegeZG gelten diejenigen Personen als pflegebedürftig, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 SGB XI erfüllen. Danach ist eine Person pflegebedürftig, wenn sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit erfolgt im Übrigen durch Vorlage einer Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder der Pflegekasse.
Pflegezeitgesetz schützt vor Kündigungen während Pflegezeit
Das Pflegezeitgesetz schützt pflegende Beschäftigte vor Kündigungen durch den Arbeitgeber. Nach § 5 Abs. 1 PflegeZG kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bzw. der Pflegezeit nicht kündigen.
Wichtiger Hinweis
§ 2 Abs. 1 PflegeZG gibt Arbeitnehmern das Recht, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstagen fernzubleiben, falls dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut auftretenden Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen (sogenannte kurzzeitige Arbeitsverhinderung).
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