Unterdurchschnittliche Leistung ist kein Kündigungsgrund
Bleibt ein Mitarbeiter mit seiner Leistung unter dem Durchschnitt, rechtfertigt dies nicht in jedem Fall eine Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer erhielt die Kündigung, weil er nach Ansicht seines Arbeitgebers wiederholt schlecht gearbeitet hatte und seine Arbeitsleistung eine erhebliche Fehlerquote aufwies. In der Vergangenheit hatte er aufgrund von Unaufmerksamkeiten deshalb mehrere Abmahnungen erhalten. Mit der verhaltensbedingten Kündigung war er nicht einverstanden. Er argumentierte, auch nicht mehr Fehler als andere im Betrieb vergleichbare Beschäftigte zu machen und erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt der Richter
Mit Erfolg. Nach Meinung des Gerichts sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Zwar könne grundsätzlich eine Schlechtleistung des Arbeitnehmers auch eine Kündigung nach sich ziehen. Voraussetzung sei aber, dass diese auf einer Pflichtverletzung beruhe. Dieses wiederum habe der Arbeitgeber nach Art und Schwere konkret darzulegen. Im Vergleich zu Kollegen müsse deshalb eine eindeutig höhere Fehlerquote über einen gewissen Zeitraum nachgewiesen werden. Den Beweis einer qualitativen Minderleistung sei der Arbeitgeber hier jedoch schuldig geblieben, sodass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden sei (LAG Hamm; Urteil vom 20.11.2009, Az: 10 Sa 875/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Einem Arbeitnehmer können Sie wegen einer Schlechtleistung verhaltensbedingt nur kündigen, wenn es Ihnen gelingt, darzulegen, dass er sein Leistungsvermögen bewusst nicht ausgeschöpft hat. Die Rechtsprechung stellt damit klar, dass es einen objektiven Maßstab für Arbeitsleistung grundsätzlich nicht gibt. Bei Leistungsdefiziten kommt es deshalb darauf an, dass der Mitarbeiter die Leistung, die er aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten erbringen könnte, nicht erbringt. Nicht entscheidend ist daher, wie Sie den Inhalt der Arbeitspflicht vertraglich oder kraft Ihres Weisungsrechts festgelegt haben.
Expertenrat
Die schuldhafte Unterschreitung der Leistungsfähigkeit muss vom Arbeitgeber bewiesen werden. Dies gelingt Ihnen aber nur, wenn sowohl Fehlerquote als auch weitere Umstände wie Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung ausreichend festgehalten und dokumentiert werden.
Vorsicht
Kündigen Sie einem Mitarbeiter personenbedingt, weil er aufgrund seiner körperlichen oder geistigen Verfassung nicht in der Lage ist, die von ihm geforderte Arbeitsleistung zu erbringen, wird es vor Gericht ganz schwer. Erfolg versprechend ist ein solches Vorgehen nur dann, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen droht und eine Minderleistung von mehr als 30 Prozent gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern vorliegt.
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