Arbeitsrechtlich gilt eine Schwarzgeldabrede nicht als Nettolohnvereinbarung
Die gesetzliche Regelung, dass bei Schwarzgeldabreden ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gilt, erstreckt sich ausschließlich auf das Sozialversicherungsrecht und hat keine arbeitsrechtliche Wirkung. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin war in einer Spielothek offiziell als 400-Euro-Kraft angestellt. Sie arbeitete jedoch durchschnittlich 41,24 Stunden pro Woche und erhielt über die 400 € hinaus weitere 900 € zuzüglich Umsatzprovisionen „schwarz“ ausbezahlt. Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten wegen Diebstahls ordentlich gekündigt hatte, verlangte diese Annahmeverzugsvergütung und Urlaubsabgeltung auf der Grundlage einer Nettolohnvereinbarung. Der Arbeitgeber erkannte die geforderten Nettobeträge als Bruttolohn an und beantragte im Übrigen Klageabweisung.
Das sagt der Richter
Das Gericht entschied gegen die Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeber schulde ihr keine Annahmeverzugsvergütung und Urlaubsabgeltung auf der Grundlage einer Nettolohnvereinbarung. Eine solche Vereinbarung hätten die Parteien weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen. Mit der Schwarzgeldabrede hätten sie lediglich bezweckt, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu hinterziehen, nicht jedoch deren Übernahme durch den Arbeitgeber. Eine Nettolohnvereinbarung folge nicht aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV. Danach gelte zwar ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt worden sind. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränke sich aber auf das Sozialversicherungsrecht und erstrecke sich nicht auf das bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeszusammenhang und dem Zweck der Vorschrift, Beweisschwierigkeiten bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu beseitigen (BAG, Urteil vom 17.03.2010, Az.: 5 AZR 301/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Die Regelung des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit aus dem Jahre 2002 eingeführt. Damit sollten Beweisschwierigkeiten bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge beseitigt werden. Deshalb ist es sozialversicherungsrechtlich gerechtfertigt, bei illegaler Beschäftigung von einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung der Parteien auszugehen.
Im Verhältnis zum Finanzamt kommen andere Erwägungen zum Tragen. Zwar haftet der Arbeitgeber für nicht abgeführte Lohnsteuer, allerdings ist im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Letzterer der Steuerschuldner.
Wichtiger Hinweis
Es ist deshalb streng zwischen dem Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn und Lohn im steuerrechtlichen Sinn zu differenzieren. Entscheidend für das Finanzamt ist bei Schwarzarbeit der tatsächlich zugeflossene Barlohn. Werden daher Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung unterschlagen, ergibt sich erst bei deren Nachzahlung ein geldwerter und zu versteuernder Vorteil.
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