Aufhebungsvertrag kann trotz Bedenkzeit angefochten werden
Der Königsweg zur Beendigung eines nicht länger erwünschten Arbeitsverhältnisses ist der Aufhebungsvertrag. Aber auch dieser bringt keine endgültige Sicherheit. Denn er kann unter bestimmten Voraussetzungen von beiden Vertragsparteien angefochten werden.
Der Fall aus der Praxis
Weil ein Mitarbeiter durch Veröffentlichungen in der Presse wichtige Kundenbeziehungen des Arbeitgebers gefährdet hatte, wollte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden. Er schlug den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor. Falls der Mitarbeiter diesen nicht unterschreibe, werde er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen. Der Arbeitnehmer erhielt daraufhin vom Arbeitgeber den Entwurf eines Aufhebungsvertrags und 2 Tage Bedenkzeit. Diese nutzte der Mitarbeiter nicht, sondern unterbreitete einen ihm günstigeren Gegenvorschlag. Auf dieser Basis wurde am selben Tag ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Später focht der Arbeitnehmer den Vertrag wegen widerrechtlicher Drohung durch den Arbeitgeber an.
Das sagt der Richter
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) konnte den Fall nicht endgültig entscheiden, weil noch ein paar Fakten aufzuklären waren. Es stellte aber klar, dass allein die Einräumung einer Bedenkzeit die Anfechtung nicht unzulässig mache. Allerdings sei es vorliegend zweifelhaft, ob die Drohung seitens des Arbeitgebers den Willen des Arbeitnehmers beeinflusst habe. Dagegen spräche, dass der Mitarbeiter durch seinen eigenen Gegenvorschlag für sich sogar noch bessere Konditionen ausgehandelt habe (BAG, Urteil vom 28.11.2007, Az.:6 AZR 1108/06).
Das bedeutet die Entscheidung
Die Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag sollten grundsätzlich sachlich und mit zulässigen Mitteln geführt werden, da ansonsten eine Anfechtung droht, auch wenn eine Bedenkzeit eingeräumt wurde. Maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer durch Vorspiegeln falscher Tatsachen oder durch widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Vertrags bewegt wurde. Unter einer Drohung ist dabei auch das Inaussichtstellen einer fristlosen Kündigung zu verstehen. Ob dies widerrechtlich erfolgt ist, hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob ein verständiger Arbeitgeber angesichts der vorliegenden Tatsachen eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.
Lesen Sie hier, ob eine Anfechtung in Betracht kommt.
Expertenrat
Ziehen Sie bei Gesprächen, die zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags führen sollen, unbedingt einen Zeugen hinzu, damit Sie den Vorwurf der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung im Fall einer Anfechtung widerlegen können. Da eine Anfechtung auch noch bis zu einem Jahr nach Ende des durch die Täuschung herbeigeführten Irrtums oder der durch die Drohung erzeugten Zwangslage erklärt werden kann, sollten Sie und der Zeuge zeitnah nach den Gesprächen ein Protokoll zur Gedächtnisstütze fertigen und zur Personalakte geben.
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