Keine Entfernung aus Personalakte: Abmahnung für "Scheißwochenende" ist rechtens
Abmahnung für „Scheißwochenende“ verbleibt in Personalakte
Ein Arbeitnehmer, der einem Vorgesetzten ein "Scheißwochenende" wünscht, muss mit einer Abmahnung durch den Arbeitgeber rechnen und hat deshalb keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer ist seit 2003 in einem Unternehmen beschäftigt. Er ist Vorsitzender des siebenköpfigen Betriebsrats. Im Jahr 2010 hatte ihm der Arbeitgeber insgesamt vier Abmahnungen erteilt. Der Arbeitnehmer fühlte sich ungerecht behandelt und klagte auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte.
Die erste Abmahnung erhielt er, weil er entgegen einer Betriebsvereinbarung auf dem Werksgelände keine Warnweste getragen hatte. Kurz darauf machte er im Büro seines Vorgesetzten einen Ausdruck, obwohl dieser ihm erklärt hatte, dass für die Betriebsratstätigkeit ein eigenes Betriebsratsbüro zur Verfügung stehe und das Meisterbüro nicht für die Betriebsratstätigkeit genutzt werden dürfe. Entgegen dieser Anweisung nutzte der Beschäftigte in der Folge erneut das Meisterbüro, um ein Fax zu versenden. Einige Tage später wünschte er einem Vorgesetzten sinngemäß ein "Scheißwochenende" und kurz darauf einem anderen Vorgesetzten ein „beschissenes Wochenende“.
Auf jeden einzelnen dieser Vorfälle reagierte der Arbeitgeber mit einer Abmahnung.
Das sagt das Gericht
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch seien nicht erfüllt. Die Abmahnungen enthielten keine unrichtigen Tatsachenbehauptungen. Das dem Kläger in den vier Abmahnungen vorgeworfene Fehlverhalten sei jeweils hinreichend konkret bezeichnet und in tatsächlicher Hinsicht unstreitig. Der Arbeitgeber habe in den Abmahnungen das beanstandete Verhalten des Klägers jeweils rechtlich zutreffend als Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten bewertet.
Die getätigten Äußerungen – „Scheißwochenende“ und „beschissenes Wochenende“ - gegenüber den beiden Vorgesetzten seien unangemessen, respektlos und deshalb nicht zu akzeptieren. Dadurch habe der Kläger gegen die ihm nach § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) obliegende Rücksichtnahmepflicht verstoßen, die zumindest auch umfasse, dass sich jeder Mitarbeiter gegenüber seinen Arbeitskollegen und insbesondere auch seinen Vorgesetzten mit einem gewissen Mindestmaß an Respekt verhalte. Die weiteren Abmahnungen seien ebenfalls zu Recht ergangen. Im Betrieb des Arbeitgebers gälten "Grundprinzipien zur Vermeidung tödlicher Unfälle", zu denen die Pflicht aller Arbeitnehmer gehöre, auf dem Betriebsgelände eine Warnweste zu tragen. Diese Pflicht habe der Betriebsratsvorsitzende verletzt, als er ohne Warnweste auf dem Betriebsgelände umhergelaufen sei. Auch für das Versenden des Fax sei die Abmahnung gerechtfertigt gewesen. Zwar habe der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dem Betriebsrat die erforderlichen Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Dieser Überlassungsanspruch des Betriebsrates begründe für den Kläger jedoch nicht das Recht, im Wege der Selbsthilfe das Faxgerät im Meisterbüro entgegen der ihm erteilten Anweisung für seine Betriebsratstätigkeit zu benutzen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 3 Sa 150/11).
So funktioniert der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann ein Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Bei der Abmahnung i. S. d. 314 Abs. 2 BGB handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts durch den Arbeitgeber. Als Gläubiger der Arbeitsleistung weist er den Mitarbeiter als Schuldner der Arbeitsleistung auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu pflichtgemäßem Verhalten auf und kündigt individualrechtliche Konsequenzen (Kündigung) für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion).
Wichtiger Hinweis
Erfüllt eine arbeitsrechtliche Abmahnung jedoch die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen, so besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Die Abmahnung ist dann rund drei Jahre wirksam. Nach Ablauf dieser Zeit wird die Abmahnung in der Personalakte gelöscht und gilt als wirkungslos. Sie kann dann nicht mehr als Rechtfertigung für eine Kündigung herangezogen werden.
Diese Unterlagen finden sich in der Personalakte
Die Personalakte ist gesetzlich nicht geregelt. Als Personalakte wird jede Sammlung von Unterlagen über einen Arbeitnehmer bezeichnet. Dazu zählen sämtliche Aufzeichnungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen und damit in einem inneren Zusammenhang stehen. Zu den Unterlagen gehören z. B.:
- Lebenslauf
- Bewerbungsunterlagen
- Arbeitszeugnisse
- Schulzeugnisse
- Personalfragebogen
- Eignungstests
- Arbeitsvertrag
- Angaben zur Berufsbildung und Fortbildung
- Angaben zu Fähigkeiten und Fertigkeiten
- Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Unterlagen
- Abmahnungen
- Verwarnungen
- Schriftwechsel mit dem Arbeitgeber
Inhalt der Personalakte unterliegt Datenschutz
Der Arbeitgeber muss die Personalakten seiner Mitarbeiter streng vertraulich behandeln. Werden in seinem Betrieb personenbezogene Daten von mindestens zehn Mitarbeitern automatisiert oder von mindestens zwanzig Mitarbeitern in sonstiger Form verarbeitet, so verpflichtet ihn § 4f Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen.
Mitarbeiter können jederzeit Einsicht in Personalakte nehmen
Jeder Arbeitnehmer hat nach § 83 BetrVG das Recht, jederzeit Einsicht in seine Personalakte zu nehmen. Mitarbeiter können während der Arbeitszeit ohne Angabe von Gründen Einsicht in ihre Personalakte nehmen und Abschriften anfertigen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Kopien aus der Personalakte für die Arbeitnehmer anzufertigen. Die Mitarbeiter haben ihrerseits das Recht, Kopien auf Kosten des Arbeitgebers anzufertigen.
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