BGH rügt Versicherer: Keine Leistungskürzung bei versäumter Anpassung der Versicherungsbedingungen
Versicherungsbedingungen unwirksam: BGH untersagt Leistungskürzung durch Versicherer
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einer aktuellen Entscheidung die Rechte der Verbraucher gestärkt und die Versicherer in die Schranken verwiesen. Danach führt die unterbliebene Anpassung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen an das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zur Unwirksamkeit der Regelungen über die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten. Im Klartext bedeutet dies, dass sich Versicherer nicht auf Klauseln in alten Verträgen berufen können, die entgegen der neuen Rechtslage Verbraucher benachteiligen.
Der Fall aus der Praxis
Der Eigentümer eines Wohngebäudes hatte die Wasserrohre einer leer stehenden Wohnung nicht entleert, woraufhin es im Winter zu einem Wasserschaden kam. Der Versicherer berief sich auf die Verletzung der im Vertrag festgelegten Pflicht, die Rohre zu entleeren und war deshalb lediglich bereit, die Hälfte des Schadens zu ersetzen. Damit war der versicherte Eigentümer nicht einverstanden und zog vor Gericht.
Das sagt das Gericht
Mit Erfolg. Die Bundesrichter erklärten die Klausel für unwirksam, weil sie vorsehe, dass die Versicherung bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung gar nicht zahlen müsse. Nach neuem Recht jedoch müsse sie bei grober Fahrlässigkeit zwar weniger zahlen, werde aber nicht völlig leistungsfrei. Die Versicherer hätten ein Jahr lang Zeit gehabt, ihre Verträge an die gesetzliche Neuregelung anzupassen. Wenn sie dies nicht getan hätten, werde die ganze Bestimmung unwirksam, mit der Folge, dass grundsätzlich der gesamte Schaden zu ersetzen sei. Der Versicherung sei es aber weiterhin möglich, sich darauf zu berufen, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt oder eine Gefahrerhöhung stattgefunden habe (BGH, Urteil vom 12.10.2011, Az.: IV ZR 199/10).
BGH weist Rechtsstreit an Vorinstanz zurück
Um zu klären, ob der Hauseigentümer den Wasserschaden grob fahrlässig herbeigeführt hat, verwies der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Nach Ansicht der Bundesrichter hat das Berufungsgericht die vom Versicherer geltend gemachte grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß § 81 Abs. 2 VVG nicht hinreichend aufgeklärt.
Wichtiger Hinweis
Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung einigen Versicherern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Diese wollten Kosten sparen, indem sie ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen nach der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes nicht angepasst haben. Die alten Verträge sahen vor, dass der Versicherer überhaupt nicht leisten muss, wenn der Versicherte seinen vertraglichen Obliegenheiten nicht nachkommt. Nach neuem Recht dürfen die Versicherer in einem solchen Fall die Leistung lediglich reduzieren. Die grobe Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung eines Versicherungsfalls führt somit entgegen dem früheren Recht grundsätzlich nicht mehr zum vollständigen Wegfall des Versicherungsschutzes.
Viele Versicherer haben Frist zur Anpassung der Versicherungsbedingungen versäumt
Am 01.01.2008 ist das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hatte den Versicherern für Versicherungsverhältnisse, die bis zum 01.01.2008 entstanden waren - sogenannte Altverträge - eine bis zum 01.01.2009 befristete Möglichkeit eingeräumt, ihre bestehenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen an das neue Recht anzupassen. Davon haben nicht alle Versicherer Gebrauch gemacht.
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