Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall: Arbeitgeber haften nur für Vorsatz
Nach einem Arbeitsunfall mit erheblichen Folgen für einen Mitarbeiter, besteht nicht automatisch ein Schmerzensgeldanspruch gegen Ihr Unternehmen. Die Arbeitgeberhaftung ist auf vorsätzliches Handeln beschränkt.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer war in der betriebseigenen Werkstatt durch eine offen stehende Luke in einen fünf Meter tiefen Kellerschacht gestürzt und hatte sich dabei erheblich verletzt. Der Unfall zog eine mehrere Monate lange Arbeitsunfähigkeit nach sich. Da der Mitarbeiter auch ein Jahr später noch an den Folgen des Ereignisses litt, verlangte er von seinem Arbeitgeber Schadenersatz. Die Firma habe durch die offen stehende und ungesicherte Luke ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Als sich der Arbeitgeber weigerte zu zahlen, zog der Arbeitnehmer vor Gericht.
Das sagt der Richter
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld nur in Betracht kommt, wenn dem Arbeitgeber vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden kann. Ein solches lasse sich bei einer offen stehenden Luke jedoch nicht nachweisen. Ein lediglich fahrlässiges Verhalten rechtfertige noch keinen Schmerzensgeldanspruch (LAG Hessen, Az. 3 Sa 579/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Grundsätzlich haben sie eine Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Mitarbeitern. Danach sind Sie verpflichtet, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten, dass Ihre Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Verletzen Sie diese Pflicht schuldhaft, haften Sie auf Schadenersatz. Diese Regelung hat in der Praxis jedoch an Bedeutung verloren. Tritt nämlich ein Personenschaden infolge eines Arbeitsunfalls ein, so sind Arbeitgeber nach den Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung von der Haftung für die eintretenden Schäden befreit. Die Berufsgenossenschaft steht hier in der Pflicht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Sie den Schaden
- vorsätzlich oder
- bei einem Wegeunfall (unmittelbarer Weg zur Arbeit und wieder zurück) verursacht haben.
Expertenrat
Vorsätzliches Handeln kann Ihnen nur dann vorgeworfen werden, wenn Sie nicht nur die Verletzungshandlung verursacht, sondern auch den Personenschaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Ihnen muss vorgeworfen werden können, dass Sie die Verletzung des Mitarbeiters gewollt und gebilligt haben. Keinesfalls ausreichend sind hierfür kleinere Mängel in Ihrer Organisation des Arbeitsablaufs.
In allen anderen Fällen gilt, dassder betroffene Arbeitnehmer nicht Ihr Unternehmen in Anspruch nehmen kann, sondern sich direkt an die Berufsgenossenschaft wenden muss.
Praxistipp
Dauert die Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters länger als drei Tage, müssen Sie den Arbeitsunfall innerhalb von drei Tagen der zuständigen Berufsgenossenschaft melden. Wenn Sie nicht sicher sind, ob ein meldepflichtiger Arbeitsunfall vorliegt, sollten Sie das Ereignis vorsorglich als Arbeitsunfall anzeigen. Damit ersparen Sie sich späteren Ärger.
Checkliste zum Download
Was Sie bei Arbeitsunfällen unbedingt beachten müssen, erfahren Sie mithilfe unserer Checkliste: Arbeitsunfall.
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