Preisvergleichsplattform für zahnärztliche Leistungen ist nicht wettbewerbswidrig
Eine Internetplattform, die es Patienten ermöglicht, den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einzustellen, sodass andere Zahnärzte eine eigene Kostenschätzung abgeben können, ist nicht wettbewerbswidrig und verstößt nicht gegen das geltende Berufsrecht der Zahnärzte. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor.
Der Fall aus der Praxis
Auf einer Internetplattform können Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen. Andere Zahnärzte haben die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Zeit einen eigenen Heil- und Kostenplan abzugeben. Der Patient erhält dann die fünf günstigsten Angebote ohne Angabe von Namen und Adressen mitgeteilt. Sofern sich der Patient für eines der Angebote entscheiden sollte, übermittelt der Betreiber der Plattform die jeweiligen Kontaktdaten an beide Seiten (Zahnarzt und Patient). Kommt ein Behandlungsvertrag zustande, erhält der Betreiber der Plattform von dem Zahnarzt ein Entgelt in Höhe von 20 % des mit dem Patienten vereinbarten Honorars. Nach der Behandlung geben die Patienten auf der Plattform eine Beurteilung des ihnen vermittelten Zahnarztes ab, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der betreffende Zahnarzt an seine Kostenschätzung gehalten hat. Die Kläger, zwei in Bayern tätige Zahnärzte, sind der Ansicht, dass der Betreiber der Plattform die an seinem Geschäftsmodell teilnehmenden Zahnärzte zu Verstößen gegen Vorschriften der Berufsordnung für die bayerischen Zahnärzte und damit auch zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten verleitet. Das Landgericht (LG) München I und das Oberlandesgericht (OLG) München haben der gegen den Betreiber der Internetplattform erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Das sagt der Richter
Nach Auffassung der Bundesrichter sei es nicht zu beanstanden, wenn ein Zahnarzt, auf den ein Patient mit einem von einem anderen Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplan und der Bitte um Prüfung zukommt, ob er die Behandlung kostengünstiger durchführen kann, eine alternative Kostenberechnung vornimmt und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließt, auch dessen Behandlung übernimmt. Das beanstandete Geschäftsmodell erleichtere ein solches Vorgehen und ermögliche es dem Patienten, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten. In diesem Sinne diene das Verhalten der Zahnärzte, die sich durch die Abgabe von Kostenschätzungen am Geschäftsmodell des Plattformbetreibers beteiligen, den Interessen der anfragenden Patienten. Dementsprechend könne in einem solchen Verhalten nicht zugleich ein dem Grundsatz der Kollegialität zuwiderlaufendes und deshalb berufsunwürdiges Verdrängen von anderen Zahnärzten aus ihrer Behandlungstätigkeit gesehen werden. Soweit die Zahnärzte der Plattform für jeden dort vermittelten Patienten, mit dem ein Behandlungsvertrag zustande kommt, ein Entgelt zahlten, verstießen sie im Übrigen auch nicht gegen die Bestimmung der Berufsordnung, die es ihnen verwehrt, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt zu gewähren. Die Leistung der Plattform bestehe nicht in der Zuweisung von Patienten, sondern im Betrieb ihrer Internetplattform, über die Patienten und Zahnärzte miteinander in Kontakt kommen (BGH, Urteil vom 01.12.2010, Az.: I ZR 55/08).
Wichtiger Hinweis
Die Berufsordnungen der Zahnärzte sind Ländersache und regeln in erster Linie das gebotene Verhalten von Zahnärzten gegenüber Kollegen, Patienten, Mitarbeitern und anderen Partnern im Gesundheitswesen. Aus der Festlegung aller Berufspflichten und Berufsrechte folgt zwar auch das Gebot der Kollegialität, nicht aber in dem Sinne, dass ein Wettbewerb mit anderen niedergelassenen Zahnärzten generell untersagt wäre.
Checkliste zum Download
Welches Verhalten ein berufsunwürdiges und damit unkollegiales Verhalten darstellt, erfahren Sie anhand unserer Checkliste Kollegialität unter Zahnärzten.
- Kommentieren
- 7704 Aufrufe