Vorsicht - Individuelle Abfindungsangebote müssen sorgfältig formuliert sein
Meist ist ein Abfindungsangebot die finanziell günstigste Variante, sich einvernehmlich von einem Mitarbeiter zu trennen. Wie wichtig es dabei ist, auf die rechtlich korrekten Formulierungen zu achten, unterstreicht dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Der Fall aus der Praxis
Ein Facharbeiter erhielt nach knapp 15 Jahren Betriebszugehörigkeit die Kündigung. Der Arbeitgeber bot im Kündigungsschreiben eine Abfindung an. Diese Erklärung hatte folgenden Inhalt:
„Unter der Voraussetzung, dass Sie gegen die voranstehende Kündigung keine Kündigungsschutzklage erheben und keine vorherige Wiedereinstellung bzw. Zurücknahme der Kündigung erfolgt, bieten wir Ihnen hiermit eine Abfindung in Höhe von 6.000,00 Euro, zur Zahlung fällig … an.“
Der Arbeitnehmer erhob keine Kündigungsschutzklage und strich die Abfindung ein. Darüber hinaus verlangte er von seinem Chef weitere 5500 Euro. Er war der Meinung, dass ihm dieser zusätzliche Betrag nach dem Kündigungsschutzgesetz zustehen würde. Der Arbeitgeber lehnte ab und so ging es bis vor Bundesarbeitsgericht (BAG).
Das sagt der Richter
Das Gericht gab dem Arbeitgeber Recht. Die Auslegung des Kündigungsschreibens ergebe, dass dieser ein individuelles Abfindungsangebot unterbreitet hätte und gerade nicht einen bloßen Hinweis auf die gesetzliche Abfindungsregelung des § 1a KSchG erklären wollte. Dies ergebe sich einmal aus der Formulierung „wir bieten an“ und vor allem daraus, dass der Arbeitgeber pauschal nur rund der Hälfte der sich nach § 1a KSchG ergebenden Summe angeboten hat. (BAG, Urteil v. 10.7.2008, 2 AZR 209/07).
Das bedeutet die Entscheidung
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr: Es ist ein Irrtum, zu glauben, das Kündigungsschutzgesetz normiere „einfach so“ einen Abfindungsanspruch, der unabhängig von individuellen Vereinbarungen vom Arbeitgeber zu erfüllen sei.
Abfindungsanspruch besteht bei entsprechendem Verweis auf § 1a KSchG
Offerieren sie in der Kündigung eine Abfindung und verweisen Sie auf die Berechnung des KSchG, besteht bei Einhaltung ihrer Bedingungen ein Anspruch des Gekündigten auf die Abfindung. Diese ist dann bei Ausscheiden ihres Mitarbeiters in Höhe von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr zu zahlen. Wir stellen Ihnen kostenlos ein Muster zum Abfindungsangebot und Verweis auf § 1a KSchG zur Verfügung.
Halten Sie das Angebot individuell, wenn Sie sicher sind, eine Kündigungsschutzklage erfolgreich überstehen zu können.
Zum einen haben Sie das Recht, die Abfindung selbst auszuhandeln. Dabei können Sie sowohl „nach oben“, aber auch „nach unten“ abweichen. Zum anderen dürfen Sie ein entsprechendes Angebot auch in das Kündigungsschreiben selbst mit aufnehmen.
Vorsicht
Verwenden sie für ihre persönliche individuelle Offerte kein gesondertes Schreiben, so müssen Sie aber unbedingt darauf achten, dass Sie eindeutig und unmissverständlich formulieren. Zweifel an der Rechtsklarheit werden Ihnen zur Last gelegt. Machen sie Fehler, wird davon ausgegangen, dass nur ein Hinweis nach § 1a KSchG erfolgten sollte.
Tendieren Sie zu einem individuellen Angebot, empfehlen wir Ihnen deshalb, dieses gesondert vom Kündigungsschreiben zu verfassen. Zur Sicherheit sollten Sie einen eigenständigen Auflösungsvertrag anbieten, in dem sich ihr Mitarbeiter gegen Zahlung der versprochenen Abfindung zum Klageverzicht oder der Klagerücknahme verpflichtet.
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