Rufschädigung: So wehren Sie sich gegen Negativbewertung
Es dürfte wohl kaum ein Unternehmen oder eine Freiberuflerpraxis geben, die auf eine Präsenz im Internet verzichtet. Der diesbezüglich positive Werbewert hat allerdings auch eine Kehrseite – und zwar dann, wenn das eigene Unternehmen weltweit via Internet über Bewertungsportale unberechtigt negativ bewertet und somit die Reputation nachhaltig beschädigt wird. Das brauchen sich Unternehmen nicht gefallen lassen. Leider versuchen sich die Portale damit herauszureden, dass sie ja nicht für die „Meinung“ der User verantwortlich sind. Das müssen sich unberechtigt kritisierte Unternehmen aber nicht gefallen lassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich schon seit einiger Zeit mit den Bewertungsportalen beschäftigt. – zuletzt im Frühjahr 2016.
Zahnarzt wehrt sich gegen anonyme Bewertung
Ein Zahnarzt hat das Arztbewertungsportal www.jameda.de verklagt. Unter dieser Internetadresse können Interessierte Informationen über Ärzte aufrufen. Außerdem wird registrierten Nutzern des Portals dort die Möglichkeit angeboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Bewertung, die der jeweilige Nutzer ohne Angabe seines Klarnamens abgeben kann, erfolgt dabei anhand einer sich an Schulnoten orientierenden Skala für insgesamt fünf vorformulierte Kategorien, namentlich "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner besteht die Möglichkeit zu Kommentaren in einem Freitextfeld. Der BGH musste sich mit der Bewertung des Arztes durch einen anonymen Nutzer, er könne den Kläger nicht empfehlen, beschäftigen. Als Gesamtnote war hier 4,8 genannt. Die Note setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note "6" für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis". Der Zahnarzt war überzeugt, dass er den Bewertenden niemals behandelt hat und forderte die Betreiber des Portals vorprozessual zur Entfernung der Bewertung auf. Diese sandte die Beanstandung dem registrierten Nutzer zu. Die Antwort des Nutzers hierauf leitete sie dem Zahnarzt unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht weiter und beließ die Bewertung auf dem Portal.
Bundesrichter konkretisieren Pflichten von Bewertungsportalbetreibern
Der Zahnarzt klagte gegen das Portal. Die Betreiber müssten es unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Das Landgericht gab der Unterlassungsklage statt, das Oberlandesgericht (OLG) wies dies in der Berufung allerdings zurück. Der BGH gab dem Zahnarzt wiederum Recht, hob die Entscheidung des OLG auf und verwies den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück. Die beanstandete Bewertung sei zwar keine eigene "Behauptung" der beklagten Portalbetreiber, da diese sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht hat. Die Betreiber haften für die vom Nutzer ihres Portals abgegebene Bewertung allerdings dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt haben. Deren Umfang richtet sich grundsätzlich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung – so die Bundesrichter – komme dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Es dürfe aber einem Diensteanbieter allerdings keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts haben hier die Portalbetreiber die ihnen obliegende Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trage im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Die derartige Gefahr werde durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, noch verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätten die beklagten Portalbetreiber die Beanstandung dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätten sie ihn auch auffordern müssen, ihnen den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diese Informationen und Unterlagen hätten dann an den Kläger weitergeleitet werden müssen (BGH, Urteil vom 01.03.2016; Az.: VI ZR 34/15).
Das können Sie bei ungerechtfertigten Bewertungen tun
Geht es um unwahre Tatsachenbehauptungen oder beleidigende oder sonst unzulässige Bewertungen durch Bewertungsportale im Internet, können und sollten Sie dagegen vorgehen. Beachten Sie dabei, dass die Portale erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung dafür verantwortlich gemacht werden können.
1. Leiten Sie Ihre Beanstandung unter konkretem Hinweis auf eine Rechtsverletzung an die für das Portal Verantwortlichen außergerichtlich zur Stellungnahme weiter und fordern Sie innerhalb einer angemessenen Frist (ca. ein bis zwei Wochen) zur Löschung der Bewertung auf.
2. Wenn die Portalbetreiber nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist untätig bleiben, können Sie per anwaltlichem Schreiben zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und gegebenenfalls zur Schadensersatzleistung aufgefordert werden.
3. Wenn Eilbedürftigkeit besteht (und davon dürfte im geschäftlichen Umfeld grundsätzlich auszugehen sein), kann Ihr Anwalt Ihre Ansprüche im Eilverfahren gerichtlich geltend machen.
4. Die endgültigen Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche können Sie nach Ablauf der Prüffrist im ordentlichen Klageverfahren geltend machen.
Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist (sprich: Ihre Reputation nachhaltig gefährdet wurde), ist ein fachkundiges und professionelles Reputationsmanagement m. E. unverzichtbar.
Sie sollten in einem solchen Fall mit Ihrem Anwalt besprechen, ob Sie dafür anfallende Kosten nicht als Schadenersatz geltend machen können. Eine diesbezügliche gerichtliche Entscheidung ist unserer Kenntnis nach aber noch nicht erfolgt.
- Kommentieren
- 14590 Aufrufe
Kommentare
Meiner Meinung nach müssten
Meiner Meinung nach müssten Bewertungsportale, wie Jameda (Der Name ist mir inbs. durch diverse ärztliche Bewertungen geläufig) stärker ausgebaut sein, um seinen Nutzern eine öffentliche Aussprache gegen eine Leistung oder ein Unternehmen aussprechen zu dürfen.
Negativbewertungen oder eine Rufschädigung kann dem Business nachhaltig schaden, somit ist die Reaktion des erwähnten Arztes für mich durchaus nachvollziehbar.
Ein Großteil der Kundschaft informiert sich im Vorfeld via Internet nach vorhanden Bewertungen. (ich gehöre auch dazu)
Ich muss mir selbst eingesehen, schon des Öfteren von einem endgültigen Kauf durch mangelhafte Bewertungen abgesehen zu haben. Die Skepsis und der Vorwarnt zur Überlegung bleibt auf jeden Fall nicht aus.
Demnach lässt sich für mich schlussfolgern: die Kundschaft ist verschreckt oder bleibt im Extremfall sogar ganz aus.
Um sich nachhaltig schützen zu können, gehört für mich selbst, nicht nur die Wachsamkeit auf verschiedenen Bewertungsportalen dazu, sondern auch der eigene Schutz durch innerbetriebliche Sicherheitskennzeichnungen und angemessene Beschilderungen, (auch zu informieren auf Brewes).
Doppelt geschützt hält bekanntlich besser! ;-)