Heilpraktikergesetz ermöglicht beschränkte Tätigkeit als Heilpraktiker trotz Blindheit
Blindheit schließt Berufsausübung als Heilpraktikerin nicht generell aus
Die berufliche Ausübung der Tätigkeit als Heilpraktiker erfordert gemäß den Bestimmungen des Heilpraktikergesetzes (HeilpraktG) eine behördliche Genehmigung. Einer jungen Heilpraktikerin kann diese Genehmigung zur Ausübung der Heilkunde trotz Blindheit erteilt werden, wenn sie belegen kann, dass sie trotz ihres körperlichen Leidens die für die berufliche Tätigkeit erforderliche Eignung besitzt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden (Az.: VG 14 K 31.10). Die Erlaubnis kann auf Tätigkeiten beschränkt sein, für die eine visuelle Wahrnehmung nicht erforderlich ist.
Behörde verweigert Heilpraktiker-Zulassung aufgrund Blindheit der Antragstellerin
Der Fall aus der Praxis
Eine blinde Frau absolvierte eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Sie beantragte die Genehmigung zur Ausübung der Heilkunde. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Frau fehle aufgrund ihrer Blindheit die gesundheitliche Eignung, als Heilpraktikerin tätig zu sein. Auch eine auf die Heilung und Linderung von Krankheiten beschränkte Erlaubnis könne nicht erteilt werden, weil die Heilpraktikerin außerstande sei, den Erfolg ihrer Behandlungsmaßnahmen sowie Änderungen im Krankheitsverlauf in Augenschein zu nehmen. Die dadurch notwendig werdende fortwährende Begleitung der Behandlungstätigkeit durch Diagnosestellungen Dritter scheide aus, weil die berufliche Ausübung der Heilkunde eigenverantwortlich ausgeübt werden müsse. Die blinde Heilpraktikerin klagte beim Verwaltungsgericht auf Erteilung der Genehmigung nach dem Heilpraktikergesetz.
Gericht spricht blinden Heilpraktikerin Anspruch auf beschränkte Erlaubnis zu
Das sagt das Gericht
Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht verpflichtete die zuständige Behörde, den Antrag der Heilpraktikerin auf Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde erneut zu bescheiden. Die gänzliche Ablehnung des Antrags sei rechtsfehlerhaft gewesen. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass ihr eine beschränkte Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz erteilt werde, sofern sie unter Beweis stelle, dass sie sich der aus ihrer Blindheit ergebenden Grenzen und Sorgfaltspflichten einer solchen Betätigung bewusst sei sowie angemessen auf Notfallsituationen reagieren könne. Nach dem Heilpraktikergesetz bestehe ein Anspruch auf die Erlaubnis nur dann nicht, wenn ein Versagungsgrund vorliege. So werde die Erlaubnis beispielsweise nicht erteilt, wenn dem Antragsteller infolge eines körperlichen Leidens die für die Berufsausübung erforderliche Eignung fehle. Daran fehle es der Klägerin aber nicht vollständig. Sie sei vielmehr in der Lage, bestimmte Krankheitsbilder allein durch Tasten zu diagnostizieren und zu behandeln. Zum Schutz der Bevölkerungsgesundheit reiche es aus, die Erlaubnis auf solche Tätigkeiten zu beschränken, die die blinde Heilpraktikerin ohne eigene visuelle Wahrnehmung eigenverantwortlich ausüben könne (VG Berlin, Urteil vom 31.05.2011, Az.: VG 14 K 31.10).
Heilpraktiker ist kein Ausbildungsberuf
Heilpraktiker ist kein Ausbildungsberuf, weil es keine vorgeschriebene Regelausbildung und keine einheitlich geregelte Prüfung gibt. Trotzdem unterliegt die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde bestimmten Zulassungsvoraussetzungen, die bundesweit durch eine amtsärztliche Überprüfung nachgewiesen werden müssen. Die Durchführungsbestimmungen für diese Überprüfungen variieren von Bundesland zu Bundesland, umfassen aber ähnliche Fragenkataloge und Kenntnisfelder.
Zulassung zum Heilpraktiker erfordert amtsärztliche Untersuchung
Die selbstständige Ausübung der Heilkunde ist hierzulande nur Ärzten, Psychotherapeuten und Heilpraktikern gestattet. Rechtsgrundlage für eine Tätigkeit als Heilpraktiker ist das Heilpraktikergesetz (Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung von 1939). Die Führung der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ setzt eine amtsärztliche Überprüfung voraus. Die Zulassung zur amtsärztlichen Überprüfung ist an die folgenden Anforderungen gebunden:
- Vollendung des 25. Lebensjahres
- Vorlage eines Gesundheitszeugnisses
- Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses
- (mindestens) Hauptschulabschluss
Inhalt der amtsärztlichen Überprüfung für Heilpraktiker
Wer sich als Heilpraktiker mit einer eigenen Praxis niederlassen möchte, benötigt also eine amtliche Zulassung. Voraussetzung ist das Bestehen der amtsärztlichen Überprüfung, die das zuständige Gesundheitsamt durchführt. In dieser Prüfung müssen die Antragsteller Kenntnisse in den folgenden Bereichen nachweisen:
- Anatomie
- Physiologie
- Pathophysiologie
- allgemeine Krankheitslehre
- Berufskunde
- Gesetzeskunde
- Anamnese
- akute Notfallambulanz
- Techniken zur Injektion und Punktion
- Laboruntersuchungen auswerten
- Hygienevorschriften für einen Praxisbetrieb
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