Nachweis der Erbberechtigung: Erbschein bezeugt Erbrecht
Nachlassgericht bezeugt Erbrecht durch Erbschein
Im Erbfall benötigt der Erbe einen Nachweis seiner Erbberechtigung, um die Rechtsnachfolge des Erblassers antreten und über den Nachlass verfügen zu können. Versicherungen, Banken oder das Grundbuchamt verlangen grundsätzlich einen Nachweis über die Erbberechtigung des oder der Erben, bevor sie über Konten, Lebensversicherungen, Grundbesitz oder andere Vermögenswerte des Erblassers zugunsten der Erbberechtigten verfügen. Diesen Nachweis erbringt der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Erbschein.
Wichtiger Hinweis
Der Erbschein ist eine dem Rechtsverkehr dienende amtliche Bescheinigung, die bekundet, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen dieser unterliegt. Mit dem Erbschein wird dem bzw. den Erben ein gerichtlicher Nachweis über das Erbrecht an die Hand gegeben, der mit besonderer Beweiskraft und öffentlichem Glauben ausgestattet ist und somit Verfügungen über zur Erbschaft gehörende Gegenstände und Rechte erleichtert. Zuständig für die Erteilung eines Erbscheins ist gemäß § 2353 BGB das Nachlassgericht (siehe „Das sagt das BGB“), in dessen Amtsbereich der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Befand sich der letzte Wohnsitz im Ausland, so ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg für die Erteilung des Erbscheibes zuständig
Der Erbschein enthält z. B. Informationen über das Erbrecht, die Größe des Erbteils, eine angeordnete Nacherbschaft oder Testamentsvollstreckung. Dem Erbschein kommt in der Regel die Rechtsvermutung zu, dass demjenigen, der im Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das Erbrecht zusteht. Ist nur ein Alleinerbe vorhanden, so wird ein Alleinerbenschein ausgestellt. Sind mehrere Erben vorhanden, so wird ein gemeinschaftlicher Erbschein mit der Angabe der jeweiligen Anteile der einzelnen Erben erteilt.
So beantragen Sie einen Erbschein
Ein Erbschein wird nur auf Antrag des bzw. der Erbberechtigten vom zuständigen Nachlassgericht erteilt. Wer einen Erbschein benötigt, kann diesen beim Notar oder in der Nachlassabteilung des Amtsgerichts beantragen. Der Antrag ist nicht an eine bestimmte Form oder Frist gebunden. Ein Erbschein kann jederzeit schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts beantragt werden. Antragsberechtigt sind
- der Erbe bzw. die Erben,
- der bzw. die Rechtsnachfolger des bzw. der Erben,
- Testamentsvollstrecker,
- Nachlassverwalter und
- Gläubiger des Erblassers oder Gläubiger des bzw. der Erben.
Bei der gewillkürten Erbfolge, d. h. bei der Erbeinsetzung per Testament oder Erbvertrag, sind im Rahmen der Antragstellung nach § 2355 BGB dem Nachlassgericht die folgenden Angaben zu machen:
- Bezeichnung des Testamentes bzw. des Erbvertrages
- Vorliegen weiterer Testamente bzw. Erbverträge
- Zeitpunkt des Todes des Erblassers
- Anhängigkeit eines Rechtsstreits vor Gericht über die Erbberechtigung
- ggf. Angabe des Wegfallgrundes, wenn eine Person als Erbe weggefallen ist
Bei der gesetzlichen Erbfolge sind dem Nachlassgericht gegenüber gemäß § 2354 BGB folgende Angaben zu machen:
- Zeitpunkt des Todes des Erblassers
- Vorliegen von Testamenten oder Erbverträgen
- Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser (Familienstammbuch)
- Anhängigkeit eines Rechtsstreits vor Gericht über das Erbrecht
- Güterstand, in dem der Erblasser gelebt hat
- ggf. Angabe des Wegfallgrundes, wenn eine Person als Erbe weggefallen ist
Wichtiger Hinweis
Um die Richtigkeit der Angaben nachzuweisen, hat der bzw. haben die Antragsteller den Todeszeitpunkt und das Verhältnis, auf dem die Erbberechtigung beruht, durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (z. B. beglaubigte Abschriften der Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Sterbeurkunde, Abstammungsurkunde). Ein Testament oder ein Erbvertrag ist im Original vorzulegen.
Erbschein ist nicht unverzichtbar: Erbvertrag und notarielles Testament reichen aus
Beachten Sie, dass zum Nachweis einer Erbschaft nicht zwingend die Vorlage eines Erbscheins erforderlich ist. Hat der Erblasser ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen, so genügt auch die Vorlage dieser Dokumente als Nachweis der Erbberechtigung.
Erbschein-Klausel in AGB unwirksam: Bank darf nicht auf Erbschein bestehen
Die Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) einer Bank, wonach der Nachweis des Erbrechts nur durch einen Erbschein geführt werden kann, benachteiligt den Erben als Bankkunden und ist unwirksam.
Der Fall
Ein Kunde der Sparkasse war verstorben. Als die rechtmäßige Erbin ihren Anspruch auf den Nachlass geltend machen wollte, verlangte die Bank gemäß den geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Vorlage eines Erbscheins:
Erbnachweise
„Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen mit deutscher Übersetzung vorzulegen.
Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.“
Die Bank beharrte auf die Vorlage eines Erbscheins, obwohl die Kundin durch einen notariell beglaubigten Erbvertrag sowie das amtliche Protokoll der Testamentseröffnung nachweisen konnte, dass sie die rechtmäßige Erbin des verstorbenen Sparkassenkunden ist. Nach erfolgloser Abmahnung beantragte die Erbin beim zuständigen Gericht, die Sparkasse zu verpflichten, es zu unterlassen, diese Klausel zu verwenden, weil sie den Verbraucher unangemessen benachteilige.
Das sagt das Gericht
Die Klage hatte Erfolg. Ein Erbe sei nicht verpflichtet, sein Erbrecht allein durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern er habe die Möglichkeit, diesen Nachweis auch in anderer Form zu erbringen. Die ausschließliche Pflicht des Erben zur Vorlage des Erbscheins sei vom Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht gewollt und würde den Erben über Gebühr belasten. Bei Auslegung der Klausel sei auf das Verständnis eines durchschnittlichen Bankkunden abzustellen. Dieser verstehe die Klausel zunächst nach dem Wortlaut, wonach die Bank die Vorlage des Erbscheins unabhängig davon beanspruchen kann, ob das Erbrecht auch anderweitig nachgewiesen werden kann. Die Klausel sei auch deshalb unwirksam, weil sie den Bankkunden unangemessen benachteilige. Sie ist mit dem wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regeln unvereinbar, weil sie der Bank das vom Einzelfall unabhängige Recht auf Vorlage des Erbscheins gebe. Selbst bei Konten mit geringen Guthaben könne die Bank die Vorlage des Erbscheins verlangen, was unter Umständen rechtsmissbräuchlich wäre. Auch der Erblasser habe in der Regel kein Interesse daran, dass in Fällen, in denen das Erbrecht problemlos anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden kann, die Bank auf die Vorlage eines Kosten verursachenden Erbscheins bestehen könne. Nur bei konkreten Zweifeln am behaupteten Erbrecht könne die Leistung der Bank jedoch von der Vorlage des Erbscheins abhängig gemacht werden. Eine solche einzelfallbezogene Wahl eröffne die Klausel im Streitfall nicht (OLG Hamm, Urteil vom 01.10.2012, Az.: I-31 U 55/12).
Das sagt das BGB
§ 2353 Zuständigkeit des Nachlassgerichts, Antrag
Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen (Erbschein).
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