Mangelhafte Lieferung: Rechte des Käufers bei der Nacherfüllung
Mangelhafte Lieferung: Käufer bleibt auf Kosten für Nacherfüllung sitzen
Die mangelhafte Lieferung einer Ware, auch Schlechtleistung genannt, berechtigt den Käufer dazu, vom Verkäufer Nacherfüllung im Sinne des § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verlangen (siehe „Das sagt das BGB“). Der Käufer entscheidet darüber, in welcher Form der Verkäufer seine Pflicht zur Nacherfüllung zu erbringen hat. Er kann die Beseitigung des Mangels oder eine Ersatzlieferung, d. h. die Lieferung einer mangelfreien Sache, verlangen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass bei einer Ersatzlieferung infolge einer mangelhaften Lieferung der Käufer die Ein- und Ausbaukosten selbst zu tragen hat. Dies gilt jedoch nur für zwischen Unternehmern (B2B) und zwischen Verbrauchern (C2C) geschlossene Kaufverträge.
Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) haben Verbraucher im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit einem Unternehmer (B2C) im Rahmen einer Ersatzlieferung Anspruch darauf, dass der Unternehmer die mangelhafte Sache ausbaut und die als Ersatz gelieferte Sache einbaut oder die hierfür anfallenden Kosten trägt.
Der Fall
Ein im Sportplatzbau tätiges Unternehmen kaufte bei einem Lieferanten sogenanntes EPDM-Granulat eines polnischen Produzenten zur Herstellung von Kunstrasenplätzen in zwei Gemeinden. Nach dem Einbau stellte sich heraus, dass das gelieferte Granulat mangelhaft war. Der Lieferant lieferte kostenlos Ersatzgranulat, lehnte es jedoch ab, das mangelhafte Granulat auszubauen und das Ersatzgranulat einzubauen. Der Sportplatzbauer ließ deshalb die Arbeiten durch ein anderes Unternehmen durchführen und forderte in der Folge vom Lieferanten die Erstattung der hierfür angefallenen Kosten. Nachdem sich der Lieferant weigerte die Kosten zu übernehmen, verklagte das Unternehmen den Lieferanten auf Zahlung.
Das sagt das Gericht
Die Bundesrichter entschieden den Rechtsstreit zuungunsten des klagenden Unternehmens. Es bestehe kein Anspruch auf Zahlung der für den Aus- und Einbau entstandenen Kosten. Die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 16.06.2011, Az.: C-65/09, C-87/09) über den Umfang der Nacherfüllung beim Verbrauchsgüterkauf habe im Falle einer Ersatzlieferung keine Auswirkungen auf den im Streitfall vorliegenden Kaufvertrag zwischen Unternehmern. Laut EuGH-Urteil habe der Verbraucher bei einer Ersatzlieferung gegenüber dem Unternehmen Anspruch darauf, dass der Unternehmer die mangelhafte Sache, die vom Verbraucher vor Auftreten des Mangels bestimmungsgemäß eingebaut worden sei, ausbaue und die als Ersatz gelieferte Sache einbaue oder die hierfür anfallenden Kosten trage.
Dies gelte jedoch nur für den zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossenen Kaufvertrag (B2C). Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (B2B) oder zwischen Verbrauchern (C2C) werde dagegen der Ausbau der mangelhaften Sache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) nicht erfasst (BGH, Urteil vom 17.10.2012, Az.: VIII ZR 226/11).
Fazit
Die gemeinschaftsrechtlich gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB zur Lieferung einer mangelfreien Sache ist auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag beschränkt und gilt nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern.
Wichtiger Hinweis
B2B – Business to Business bedeutet, ein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB (siehe „Das sagt das BGB“) schließt mit einem anderen Unternehmer einen Kaufvertrag.
C2C – Customer to Customer bedeutet, ein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB (siehe „Das sagt das BGB“) schließt mit einem anderen Verbraucher einen Kaufvertrag.
B2C – Business to Customer bedeutet, ein Verbraucher schließt mit einem Unternehmer einen Kaufvertrag (sogenannter Verbrauchsgüterkauf nach § 474 BGB).
B2C – Business to Customer bedeutet, ein Verbraucher schließt mit einem Unternehmer einen Kaufvertrag (sogenannter Verbrauchsgüterkauf nach § 474 BGB).
In diesen Fällen liegt eine mangelhafte Lieferung vor
Der Verkäufer eines Produkts ist nach § 433 BGB verpflichtet, dem Käufer die Ware frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Eine mangelhafte Lieferung bzw. Schlechtleistung liegt vor, wenn die Ware einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB aufweist, d. h. wenn sie fehlerhaft ist.
- Qualitäts- oder Beschaffenheitsmangel, §434 Abs. 1 BGB
- Beschaffenheitsmangel
Ein Beschaffenheitsmangel liegt vor, wenn die Ware einen Fehler aufweist, der den Wert oder die Tauglichkeit - bezogen auf den gewöhnlichen bzw. vertraglich vereinbarten Gebrauch - aufhebt oder mindert. - Qualitätsmangel
Ein Qualitätsmangel ist gegeben, wenn die Ware zwar in Ordnung ist, aber nicht die vertraglich vereinbarten oder gewöhnlichen Eigenschaften aufweist bzw. wenn es an einer zugesicherten Eigenschaft fehlt.
- Falsch- oder Zuweniglieferung, § 434 Abs. 3 BGB
- Gattungsmangel
Ein Gattungsmangel bezeichnet die Lieferung einer falschen Ware. - Mangel in der Menge
Ein Mangel in der Menge liegt vor, wenn die bestellte Menge nicht vollständig (zu wenig) geliefert wurde.
- Montagemangel, § 434 Abs. 2 BGB
Ein Montagemangel liegt vor, wenn die vereinbarte Montage unsachgemäß durchgeführt wurde oder die Montageanleitung fehlerhaft ist.
Diese Rechte hat der Käufer bei einer Schlechtleistung
Die Rechte des Käufers im Falle einer mangelhaften Lieferung ergeben sich aus § 437 BGB:
- Nacherfüllung - §§ 437 Nr. 1, 439 BGB
- Rücktritt - §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB
- Minderung - §§ 437 Nr. 2, 441 BGB
- Schadenersatz - §§ 437 Nr. 3, 440, 280 ff. BGB
- Aufwendungsersatz - §§ 437 Nr. 3, 284 BGB
Anspruch auf Nacherfüllung hat Vorrang
Beachten Sie, dass die Nacherfüllung grundsätzlich Vorrang gegenüber den anderen Mängelgewährleistungsrechten des Käufers aus § 437 BGB genießt. Mit anderen Worten kann der Käufer in der Regel den Rücktritt vom Kaufvertrag, die Minderung des Kaufpreises, Schadenersatz oder Aufwendungsersatz erst dann geltend machen, wenn er zuvor erfolglos Nacherfüllung vom Verkäufer verlangt hat. Dieser Vorrang der Nacherfüllung steht übrigens nicht im Gesetz, sondern ergibt sich aus dem Umstand, dass der Käufer bei allen anderen Rechten dem Verkäufer zur Geltendmachung eine Frist setzen muss.
Käufer entscheidet über Art der Nacherfüllung
In § 439 Abs. 1 BGB sieht der Gesetzgeber zwei Formen der Nacherfüllung vor: Die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) und die Lieferung einer mangelfreien Sache. Der Käufer hat diesbezüglich ein Wahlrecht und kann sich entsprechend völlig frei für eine der Alternativen entscheiden. Die Nacherfüllung ist gemäß § 439 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, wenn die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung mit unverhältnismäßigen Kosten für den Verkäufer verbunden ist. In einem solchen Fall wird der Käufer auf die andere Form der Nacherfüllung verwiesen, die allerdings auch wegen unverhältnismäßiger Kosten ausgeschlossen sein kann.
Wichtiger Hinweis
Die Kosten für die Nacherfüllung trägt gemäß § 439 Abs. 2 BGB grundsätzlich der Verkäufer. Entstehen Kosten für den Ein- oder Ausbau, so hat der Verkäufer auch diese zu tragen. Wie im Ausgangsfall gesehen, gilt diese Rechtsfolge jedoch ausschließlich im Vertragsverhältnis zwischen Verbraucher und Unternehmer.
Das sagt das BGB
§ 439 Nacherfüllung
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.
(4) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
Das sagt das BGB
§ 13 Verbraucher
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
§ 14 Unternehmer
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
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Sehr infomativer Beitrag
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