BGH stärkt Recht von Gebrauchtwagenkäufern
Der Verkäufer eines gebrauchten Pkw muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Kfz-Brief eingetragenen "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor.
Der Fall aus der Praxis
Der Kläger macht Schadenersatzansprüche aus dem Kauf eines gebrauchten Pkw geltend, den er für 4.500 € vom Beklagten über einen Gebrauchtwagenhändler als Vermittler erworben hatte. Im Kaufvertragsformular ist unter dem vorformulierten Text "Gesamtfahrleistung nach Angaben des Vorbesitzers" handschriftlich "201.000 km" vermerkt. Dies entspricht dem vom Tacho zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgewiesenen Kilometerstand. Der Verkäufer hatte das Fahrzeug von einem Zwischenhändler erworben, der seinerseits das Fahrzeug von einem weiteren Vorbesitzer erworben hatte. Diese beiden Vorbesitzer waren nicht in den Kfz-Brief als Halter eingetragen worden. Über diese Umstände wurde der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht informiert. Der Kläger fuhr mit dem Pkw 21.000 km und verkaufte es dann.
Er ist der Meinung, dass der Beklagte ihn über dessen Erwerb des Fahrzeugs von einem nicht näher bekannten Zwischenhändler hätte aufklären müssen. In diesem Fall hätte er auf die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung von 201.000 km nicht vertraut und das Fahrzeug deshalb auch nicht gekauft. Die tatsächliche Laufleistung des Pkw habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages mehr als 340.000 km betragen. Er forderte deshalb vom Verkäufer und dem Zwischenhändler Schadenersatz in Höhe von rund 7.000 € (Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Reparaturkosten abzüglich Verkaufserlös und Entgelt für gezogene Nutzungen) plus Zinsen. Das Landgericht (LG) Magdeburg hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 6.754,24 € nebst Zinsen stattgegeben; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Revision vor dem BGH eingelegt.
Das sagt der Richter
Ohne Erfolg. Die Bundesrichter entschieden den Rechtsstreit zugunsten des Gebrauchtwagenkäufers. Der Beklagte und der Zwischenhändler seien wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Bei Vertragsverhandlungen bestehe für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck der anderen Seite vereiteln könnten und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung seien, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten könne. Ein solcher Umstand liege vor, wenn - wie hier - der Verkäufer kurz zuvor den Pkw von einem "fliegenden Zwischenhändler" erworben habe. Denn ohne einen entsprechenden Hinweis gehe der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen habe, der als letzter Halter im Kraftfahrzeugbrief eingetragen sei. Habe der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person mit unbekannter Identität erworben, liege der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen sei. Die Verlässlichkeit der Angaben zum Fahrzeug werde dadurch grundlegend entwertet. Insbesondere komme der Kilometerstandanzeige des Tachos und der Aussage zur "Gesamtfahrleistung nach Angabe des Vorbesitzers" hinsichtlich der tatsächlichen Fahrleistung keine nennenswerte Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 16.12.2009, Az.: VIII ZR 38/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Der Verkäufer eines gebrauchten Pkw muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Kfz-Brief eingetragenen nicht bekannten Zwischenhändler erworben hat.
Wichtiger Hinweis
Ein Gebrauchtwagenverkäufer muss den Käufer aufklären über
- die Vorbenutzung eines Fahrzeuges als Mietwagen und
- die tatsächliche Laufleistung, wenn diese vom Tachostand abweicht.
Nach der Rechtsprechung hat der Käufer in beiden Fällen einen Schadenersatzanspruch, wenn der Verkäufer bei Vertragsabschluss seine Aufklärungspflicht verletzt hat und den Käufer nicht entsprechen informiert.
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