Unternehmensleitbild: (K)Ein Motto für die Ewigkeit!
Vom Umgang mit Leitbildern im Unternehmen
Vor kurzem bekam ich einen Anruf von der Leiterin eines kleinen Kindergartens. Es sollte ein Leitbild erstellt werden, mit dem direkt klar würde, wofür die Einrichtung stehe und was die Eltern erwarten könnten, wenn sie ihr Kind hier anmeldeten. Erziehung, Spaß, Betreuung – so ungefähr solle es aussehen und ich solle es für sie schreiben. Ich war ein wenig verblüfft, denn Kindergärten gehörten bisher nicht zu meinen Auftraggebern.
Unternehmensleitbilder - ein alter Hut?
Wir kommen nicht mehr drum herum, es ist fast schon ein alter Hut – das Thema Unternehmensleitbild. Es hat nur einen Schönheitsfehler: Der Hut war nie richtig modern, er ist eher ein Klassiker, den man im Schrank haben sollte. Für alle Fälle gewissermaßen.
Leitbilder werden heute schnell festgeschrieben, schnell verabschiedet, schnell in eine Broschüre gedruckt und ins Internet gestellt. Doch wofür sind sie gut, die manchmal ellenlangen Texte und Gebote? Leitbilder sind eigentlich so etwas wie Leuchttürme – in turbulenten Zeiten weisen sie uns den Weg. Sie nennen die Gemeinsamkeiten all derer, die von ihnen betroffen sind. Doch die Realität sieht anders aus: Leitbilder sind häufig umfangreich ausformulierte Selbstverständlichkeiten im Gewand neuer Gebote und die Gemeinsamkeiten sind mehr Erwünschte denn wirklich Existierende.
Warum überhaupt ein Unternehmensleitbild entwickeln?
Ich möchte Sie fragen: Die gesamte christliche Welt, Milliarden von Menschen, funktioniert seit Ewigkeiten nach zehn einfachen Geboten. Wozu brauchen wir also weitere acht oder zehn kompliziert formulierte Regeln, die unser Handeln im Unternehmen leiten sollen?
Im Normalfall finden wir in einem Leitbild immer einen Dreiklang aus Unternehmenszielen, Umgang mit Mitarbeitern und Umgang mit Kunden und Lieferanten. Das heißt, es beschreibt das Selbstverständnis des Unternehmens, seine Ziele und mit welchen Strategien sie erreicht werden sollen. So schreibt zum Beispiel ein Hotel am Starnberger See in seinem Unternehmensleitbild: „Unser Ziel ist es, zu den besten Adressen im bayrischen Raum zu zählen.“ Doch wie ist ein solches Ziel messbar und wie kommt die Unternehmensleitung dort hin? Die Antworten darauf möchte das Leitbild auch gleich geben: „Alle Mitarbeiter erweitern ihr Fachwissen und ihr Können kontinuierlich zum Wohl des Gastes und zur stetigen Verbesserung unserer Standards.“ Doch ist das nicht selbstverständlich?
Für wen ist das Leitbild interessant?
Es ist legitim, als Unternehmen beschreiben zu wollen, wovon es angetrieben wird. Doch denken Sie bitte einen Schritt weiter: Für wen ist das Leitbild interessant? Im ersten Moment denken Sie sicher an Ihre Kunden, die Wirkung des Leitbildes nach außen und auf den Punkt, an dem Geld verdient wird.
Doch viel mehr als das zählt die Wirkung des Leitbildes nach innen. Erst wenn Ihre Mitarbeiter das Leitbild mittragen und es buchstäblich zum Leben erwecken, kann Strahlkraft nach außen entstehen. Erst, wenn innen Glaubwürdigkeit existiert, kann sie außen überhaupt wahrgenommen werden.
Ihr Leitbild gibt Ihnen und den Mitarbeitern für den Unternehmensalltag einen Rahmen vor – für das Handeln, den Umgang miteinander, aber auch für den Umgang mit Problemen. Jeder, der für Ihr Unternehmen arbeitet, bekommt über das Leitbild einen Einblick in die Ziele und Strategien. Er beginnt, sich damit zu identifizieren. Und so entstehen Motivation und langfristig Loyalität zum Unternehmen. Weniger Fachpersonal wandert ab, Wissen bleibt erhalten und die Qualität der Kommunikation erhöht sich.
Unternehmensleitbild - Ihr Mission Vision Statement
Ein Leitbild kann als Motto formuliert sein, es sollte die gemeinsamen Werte und auch die Unternehmensmission („Auf diesem Weg sind wir“ bzw. „Das tun wir für die Menschheit“) wie auch die Vision („Dort wollen wir eines Tages ankommen“) transportieren.
Fünf hilfreiche Fragen bei der Erstellung Ihres Leitbildes können sein:
- Welche sind unsere konkreten Ziele?
- In welcher Organisationskultur möchten wir gemeinsam arbeiten?
- Welches sind unsere drei wichtigsten gemeinsamen Werte?
- Was macht uns besonders?
- An welchem Leuchtturm wollen wir uns orientieren, d.h. welches sind unsere Zielvorstellungen auf unternehmerischer Ebene und mit welchen menschlichen Verhaltensweisen wollen wir sie erreichen?
Und übrigens: Leitbilder bedürfen einer regelmäßigen Überprüfung, sie sind eben nicht für die Ewigkeit gemacht. Vielmehr müssen sie flexibel sein und an sich verändernde Bedingungen und Ziele angepasst werden. Denn sonst sind sie sehr schnell wieder nur eines: Leere Sätze ohne Belang.
Achten Sie deshalb bei der Formulierung Ihres Leitbildes auf diese drei Dinge:
- Halten Sie Ihr Leitbild so kurz und exakt wie möglich. Kurze, knackige Formulierungen dessen, was Ihr Unternehmen und Ihr Handeln im speziellen ausmachen, erleichtern es den Mitarbeitern, sich damit zu identifizieren.
- Verabschieden sie sich von Selbstverständlichkeiten – alle Dinge, die in den Bereich der allgemein gültigen Umgangsformen und der normalen, menschlichen Zusammenarbeit fallen, müssen nicht extra aufgeschrieben werden.
- Ziehen Sie bei der Entwicklung des Leitbildes Mitarbeiter aller Hierarchieebenen ins Vertrauen. Nur wenn Sie Ihr Leitbild von Anfang an in der Breite entwickeln und implementieren, kann es hinterher auch von allen getragen werden.
Der Kindergarten bekam am Ende sein Leitbild. Aber nicht allein von mir, sondern vor allem von den vierzehn Erzieherinnen und Erziehern. Alle gemeinsam verpflichteten sich drei Grundwerten, die auch den Kindern mitgegeben werden sollten: Neugier, Freundschaft und Vielfalt zu pflegen. Das Motto: „Groß werden macht Spaß!“
Buchtipp
Ihr 2013 erschienenes Buch "Das Brathuhn in der Badewanne: 52 Fragen an dein Leben" ist als Kolumnensammlung das Pendant für alle, die sich auch im Privatleben mit ihren Werten beschäftigen und sich die Frage stellen, was sie ausmacht und antreibt.
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