Strategisches Management in KMU: Langfristiger Unternehmenserfolg durch (r)evolutionäre Unternehmensführung
Die Aufgabe des Strategischen Managements
Die Erscheinungen der Dinge müssen in Ihrem Zusammenhang gesehen werden, um alles Geschaffene im Himmel und auf der Erde zu verstehen, schrieb Alexander von Humboldt, einer der größten Entdecker und Naturforscher des 19. Jhdts.
Tendenziell ist das auch die Aufgabe beim strategischen Management. Im Gegensatz zum operativen Management, bei dem es um den kurzfristigen Augenblick und kleinste Teile des Ganzen geht, ist es Aufgabe des Strategischen Managements, die Ausrichtung des Unternehmens aktiv und mit Weitblick zu gestalten.
Wenn das Unternehmen ein Schiff wäre, dann ist die Unternehmensleitung der Kapitän, der die Richtung vorgibt in der das Schiff fährt. Dabei schaut er durch sein Fernglas, um sich ein Bild von dem zu machen, was da kommen mag. Eine Schatzinsel suchen? Ozeane überqueren, um neue Handelsrouten zu entdecken? Oder lieber den nächsten Hafen ansteuern, um sich zu amüsieren? Das könnten Fragen sein, die sich der Kapitän stellen könnte. Es geht darum das Richtige zu tun.
Die Offiziere und Unteroffiziere bilden das operative Management. Sie befehligen die Mannschaft und sorgen für einen reibungslosen Ablauf an Bord, damit das Schiff richtig funktioniert. Dabei geht es darum, dass die Dinge, die gemacht werden, richtig ausgeführt werden. Hier gibt es oft klare Abläufe, Rituale, Tradition, Routine. Beim Kapitän hingegen, ist mehr kreatives und weitsichtiges Denken gefragt, dass sich nicht am bisherigen Verhalten orientieren darf, sondern daran, was er durch sein Fernglas sieht. Es darf (oder muss) auch manchmal mit der Tradition und Routine der Offiziere, Unteroffiziere und der Mannschaft gebrochen werden.
Wenn das nicht so wäre, würde es schließlich genügen, einen Verwaltungsbeamten an das Steuer des Schiffs „Company“ zu setzen. Es geht beim Strategischen Management hingegen darum, die komplexe und dynamische Umwelt des Unternehmens in die Überlegungen zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens, und damit um die langfristige Zukunft des Unternehmens, miteinzubeziehen. Das kann eine große Herausforderung darstellen, an der so manche scheitern.
Vollständige und sichere Informationen gibt es nicht
Unterschiedlichste Management-Tools (Modelle, Analysen, Techniken) versuchen dabei zu helfen, die enormen Informationsmengen zu reduzieren und so zu vereinfachen, dass sie verstanden und benutzt werden können, um damit Entscheidungen zu treffen. Sicherlich nutzen diese Instrumente dem Menschen dabei, Herr der Lage zu werden - oder besser gesagt, zu glauben, dass er Herr der Lage sei. Doch eigentlich kann man davon ausgehen, dass die Umwelt und oft auch das Unternehmen so komplex sind, dass sich die Zusammenhänge unmöglich vollständig überblicken lassen. Wer annimmt, dass die Ergebnisse von Analysen die „absolute Wahrheit“ darstellen, sollte besser auf deren Verwendung als Entscheidungsgrundlage verzichten.
Das ist ein Punkt, der akzeptiert werden muss: Vollständige und sichere Informationen gibt es nicht. Jede Wahrnehmung und Kommunikation ist immer selektiv und relativ. Das zu wissen und zu akzeptieren, ist der erste Schritt. Der zweite Schritt ist nun, mit dieser Komplexität umzugehen.
Wo große Unternehmen viele Ressourcen investieren, kapitulieren viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bereits vor dem ersten Versuch. Trotz einer hohen Anerkennung der Bedeutung einer strategischen Unternehmensführung für den Unternehmenserfolg wird diese nur selten durchgeführt. Zwar prägen kleine und mittlere Unternehmen vor allem eine Knappheit an den Ressourcen Wissen, Finanzen und Personal, doch ist es vornehmlich ein Mangel an Wissen (betriebswirtschaftliche Bildung auf akademischem Niveau) und Zeit, die Gründe für ein nicht durchgeführtes Strategisches Management sind.
Doch selbst wenn Wissen und Zeit vorhanden sind, kann eine strategische Unternehmensführung an politischen Problemen im Unternehmen scheitern, so dass es weniger die Instrumente, das Wissen über deren Anwendung und die Zeit sind, sondern die mächtige und vielfach unterschätzte Unternehmenskultur und die damit einhergehenden komplexen sozialen Prozesse. Das Problem ist also vielmehr menschlicher, denn technischer Natur
Entgegen dem Glauben von vielen Unternehmensleitern von kleinen und mittleren Unternehmen kann jedoch auf eine Strategische Unternehmensführung nicht verzichtet werden.
In einem Bericht über die Ursachen von Insolvenzen berichten Insolvenzverwalter über die typischen Insolvenzfälle. So haben die „typischen“ insolventen Unternehmen in 49 % der Fälle eine Umsatzgrößenklasse von unter 5 Mio. Euro, in 53 % der Fälle eine Mitarbeiteranzahl von unter 50 und sind in 82 % der Fälle inhabergeführt. Insbesondere die jungen, kleinen und kleinsten Unternehmen unterliegen einer hohen Sterberate.
Achtung
Da sich KMU stark voneinander unterscheiden, sind pauschale Aussagen über die Relevanz eines Strategischen Managements nicht möglich. Gerade kleine Unternehmen sind häufig von einem intuitiven Unternehmer geprägt und abhängig. Hier hängt es stark von der Phase der Unternehmensentwicklung ab, welches Verhalten angemessen ist. Jedoch kann man konstatieren, dass ein Minimum an strategischer Unternehmensführung, egal in welcher Phase sich das Unternehmen befindet oder welcher Eigentümerstruktur dieses unterliegt, jedem Unternehmen zu Teil werden sollte.
Ein möglicher Lösungsansatz
Ein möglicher Lösungsansatz für diese unterschiedliche Relevanz strategischen Managements ist eine normativ ausgerichtete evolutionäre Unternehmensführung. Dabei hat die Flexibilität eine hohe Bedeutung, da evolutionäre Unternehmensführung keine konkreten Handlungen vorgibt, sondern einen Rahmen in Form von Zielen, Grundsätzen und Werten gestaltet, in dem Handlungen von Verantwortlichen frei gewählt werden können. Auf diese Weise können sich besonders KMU besser anpassen und sind flexibler. So kann den treibenden Kräften, vom Kleinstunternehmen bis zum mittelgroßen Unternehmen, mehr Raum für Individualität gegeben werden, und schließt gleichzeitig die geforderte Langfristigkeit im Denken und Handeln nicht aus.
Praxisbeispiel
Ein konkretes Beispiel, wie jedes Unternehmen das Fundament für eine evolutionäre Unternehmensführung legen kann, ist die Entwicklung einer anspruchsvollen Vision. Empirische Studien zeigen, dass diese in erfolgreichen Unternehmen zu finden sei.
Demgegenüber existiert, wie Erhebungen zeigen, nur in einem Viertel der Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern ein schriftliches Unternehmensleitbild. Das ist also eine echte Chance für 75 % der Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern!
Eine von 18 Hypothesen in meinem Buch lautet daher:
"Die gemeinsame Erarbeitung, Erstellung und Beachtung eines Unternehmensleitbildes kann die Mitarbeiter und die Unternehmensleitung dazu motivieren den richtigen Weg zu gehen, ohne dabei Vorschriften über Details zu machen."
So kann ein Leitsystem geschaffen werden, dass einen individuellen evolutionären Entwicklungsprozess ermöglicht.
Und das Beste daran: Diese Maßnahme ist grundsätzlich in jedem Unternehmen möglich, sei es noch so klein und habe es auch noch so wenig finanzielle Mittel.
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Kommentare
Eine (R)Evolution für den Mittelstand?
Klasse Beitrag von Gerrit Hamann - noch besseres Buch! Dieses gibt eine tolle Einführung in das Thema Strategisches Management, speziell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Denn hier gilt: KMU sind keine kleinen Großunternehmen! Dabei wird besonders gut die Bedeutung von Strategie herausgearbeitet und über häufige Missverständnisse dieses Begriffs aufgeklärt. Durch eine gut strukturierte und kritische Analyse der Probleme eines strategischen Managements in KMU, werden die geläufigen Einwände mittelständischer Unternehmer gegen eine strategische Unternehmensführung kritisch hinterfragt. Dadurch werden Möglichkeiten, aber auch grundlegende Herausforderungen, offengelegt, die dabei tatsächlich auftreten. So werden konkrete Chancen aufgezeigt, die sicherlich für jeden Gründer und mittelständischen Unternehmer interessant sein dürften. Der Einbezug sozialer Themen und die Betrachtung der Entwicklungsphasen eines Unternehmens waren besonders erkenntnisreich. Dieses Buch ist eine klare Empfehlung für jeden Unternehmer, vom Gründer angefangen, bis zum mittelgroßen Unternehmen. Es könnte vielleicht wirklich die (R)Evolution für den Mittelstand sein.
Anspruchsvolles Buch mit wissenschaftlichem Hintergrund
Ein sehr guter Artikel von Gerrit Hamann über Strategisches Management in KMU.
Zu dem Buch von Gerrit Hamann gibt es viel zu sagen. Allerdings möchte ich mich hier auf die zwei wichtigsten Punkte beschränken, die dem Leser dieses Kommentares auch weiterhelfen:
1. Das Buch ist wirklich anspruchsvoll und teilweise schwierig zu lesen – keine einfache Lektüre. Dies liegt vor allem daran, dass es sehr wissenschaftlich geschrieben ist. Das zeigt sich dadurch, dass der Autor eine These falsifiziert und während dessen verschiedene Hypothesen aufstellt. Der erste Teil des Buches ist vor allem theoretischer Natur. Der zweite Teil widmet sich der Widerlegung der These. Außerdem findet man nach fast jeder Aussage eine Quellenangabe in Klammern. Dies mag nicht jedermanns Sache sein, ist aber in Zeiten von Plagiaten ein echtes Qualitätsmerkmal.
2. Das Buch hat in Punkto Erkenntnis und Lernfaktor viel zu bieten. Hier werden nicht einfach nur Behauptungen aufgestellt, die nicht überprüft werden können. Statt dessen wird die Argumentation offen gelegt, wie der Autor zu einer Aussage gekommen ist. Besonders gut ist hier auch, dass die Begriffe klar erläutert werden. Vor allem, dass der in der Öffentlichkeit häufig missbrauchte Begriff der “Strategie” eingehend erklärt wird.
Fazit: Anspruchsvolles Buch mit Erkenntnis- und Wissenszuwachsgarantie!
Prädikat: sehr empfehlenswert.
Das Buch “Strategisches Management für KMU: Unternehmenswachstum durch (r)evolutionäre Unternehmensführung” wird seinem wissenschaftlichen Anspruch absolut gerecht, unterstützt exzellent in der Standortbestimmung und lässt dem Leser trotzdem genug Raum die eigenen Ideen und Strategien zu entwickeln.