EU-Kommission kippt Sanierungsklausel – Übernehmer angeschlagener Unternehmen müssen Beihilfen zurückzahlen
Die EU-Kommission hat heute beschlossen, dass die sogenannte Sanierungsklausel, die es wirtschaftlich schlecht dastehenden Unternehmen trotz Eigentümerwechsels ermöglicht, Verluste gegen zukünftige Gewinne steuerlich zu verrechnen, als verbotene staatliche Beihilfe anzusehen ist. Die Entscheidung ist darin begründet, weil das Unternehmenssteuerrecht keine generelle Möglichkeit der Verlustverrechnung zulässt, sobald ein maßgeblicher Wechsel in der Eigentümerstruktur vollzogen wird, weswegen die Sanierungsklausel angeschlagenen Unternehmen und möglicherweise ihren Käufern einen klaren finanziellen Vorteil verschafft. Die Kommission weist Deutschland an, jegliche Beihilfe, die unter dieser Regelung seit dem Beginn der Anwendungsfrist, dem 1. Januar 2008, gewährt wurde, zurückzufordern.
Im Februar 2010 hatte die Kommission ein förmliches Prüfverfahren zur Sanierungsklausel im deutschen Körperschaftssteuergesetz eröffnet. Die Klausel weicht nach Auffassung der Kommission vom allgemeinen Prinzip im Unternehmenssteuerrecht Deutschlands und anderer Länder ab, welches einen Verlustvortrag genau dann verhindert, wenn bei dem betroffenen Unternehmen ein maßgeblicher Eigentümerwechsel stattgefunden hat. Dies soll verhindern, dass Unternehmen Steuern vermeiden, in dem sie gescheiterte Unternehmen mit dem einzigen Zweck übernehmen, deren steuerlichen Verlustvortrag zu verwenden. Die Sanierungsklausel wurde im Juli 2009 verabschiedet; mit einem rückwirkenden Anwendungszeitraum ab 1. Januar 2008. Sie wurde der Kommission nicht angemeldet, sondern diese erfuhr davon über Presseberichterstattung. Nach Anhörung der Beteiligten und der deutschen Behörden kam die Kommission zum Schluss, dass die Sanierungsklausel wirtschaftlich schlecht dastehende Unternehmen gegenüber finanziell gesunden Unternehmen bevorzugt, die auch Verluste erleiden können, speziell während der Krise, diese aber nicht verrechnen können, wenn sich ihre Eigentümerstruktur maßgeblich verändert hat. Die Bestimmung verzerrt daher den Wettbewerb im Binnenmarkt. Die Argumentation der deutschen Behörden, wonach die Sanierungsklausel eine reine technische Bestimmung im deutschen Steuersystem sei und demnach nicht als staatliche Beihilfe anzusehen wäre, überzeugte die Kommission nicht. Deutschland hat zwei Monate Zeit, um der Kommission eine Liste der Begünstigten zu übermitteln und sie über den Gesamtbetrag an zurückzufordernder Beihilfe zu informieren.
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