Insolvenzverwalter besitzen keine besonderen Einsichtsrechte beim Finanzamt
Insolvenzverwalter stellen häufig fest, dass die Buchführung vom Insolvenzschuldner nicht ordnungsgemäß ist und zu wünschen lässt. Da liegt es nahe, dass sich ein Verwalter einen Überblick anhand der Finanzamtsakten verschaffen möchte. Dass dieses nicht zulässig ist, hat vor kurzem das Finanzgericht Rheinland-Pfalz festgestellt.
Der Fall aus der Praxis
Um Kenntnis über derartige Vermögensverschiebungen – hier an Verwandte - durch einen Insolvenzschuldner zu erhalten, beantragte der zuständige Insolvenzverwalter nach seiner Bestellung beim Finanzamt Einsicht in die bei diesem geführten Steuerakten des Insolvenzschuldners. Das Finanzamt erteilte dem Kläger Auskunft über einzelne möglicherweise anfechtbare Sachverhalte, verweigerte aber die begehrte umfassende eigene Einsicht in die kompletten Steuerakten. Der Insolvenzverwalter war der Meinung, dass er hinsichtlich der Insolvenzmasse die gleichen Rechte auf Gewährung von Akteneinsicht habe, wie sie für den Schuldner ohne Insolvenz bestanden hätten. Das Finanzamt vertrat nach diesen Ausführungen weiterhin die Ansicht, dass Akteneinsicht nur im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Abwägung der Interessen des Insolvenzverwalters und der öffentlichen Belange gewährt werden könne. Die öffentlichen Belange, insbesondere der durch das Steuergeheimnis gewährleistete Schutz der im Besteuerungsverfahren bekannt gewordenen Verhältnisse des Schuldners, aber auch seiner getrennt veranlagten Ehefrau, überwögen die Interessen des Insolvenzverwalters. Mit einer Klage vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz verfolgte der Insolvenzverwalter sein Begehren auf Einsicht in die Steuerakten des Insolvenzschuldners weiter.
Das sagt der Richter
Ohne Erfolg – das FG wies die Klage ab. Das FG begründete seine Entscheidung u. a. damit, dass ein allgemeiner Anspruch auf Akteneinsicht nicht bestehe. Der Verwalter habe nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, darüber, ob ihm im Einzelfall Akteneinsicht gewährt werden könne. Die vom Finanzamt getroffene ablehnende Entscheidung lasse keine Rechtsfehler erkennen. Zulässig sei es insbesondere, wenn das Finanzamt in seine Entscheidung die Wahrung des Steuergeheimnisses als zentralen öffentlichen Belang gewahrt habe. Für ein Akteneinsichts- und Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters reiche es nicht aus, das lediglich ein Verdacht bestehe, dass ein Dritter vom Schuldner in anfechtbarer Weise einen Vermögensgegenstand erhalten habe(FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.11.2009, Az.: 1 K 1752/07).
Das bedeutet die Entscheidung
Da in der Abgabenordnung eine konkrete Regelung fehlt, die einen allgemeinen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten gewährt, hat jeder Antragsteller auf Akteneinsicht lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Finanzamtes. Diese Entscheidung kann von den Finanzgerichten nur eingeschränkt, also auf bloße Ermessensfehler, überprüft werden. Einem Insolvenzverwalter stehen diesbezüglich keine Sonderrechte zu.
Expertenrat
Sollte das Finanzamt dem Antrag eines Insolvenzverwalters auf Einsicht in die Steuerakten des Insolvenzschuldners stattgeben, so hat dieser die Möglichkeit, eine solche Entscheidung mit dem abgabenrechtlichen Einspruch anzufechten.
- Kommentieren
- 6737 Aufrufe