Kreativität steigern: Lassen Sie die Gewohnheiten hinter sich
Sind wir aus Gewohnheit unkreativ?
Es gibt Menschen, die sind von Natur aus kreativ. Andere dagegen beweisen sich als völlig Kreativitäts-resistent.
Neue, gar unkonventionelle Ideen sind ihnen ein Graus und ohne eine vertraute Standard-Lösung sitzen sie erst einmal in der Patsche – doch siehe da: gerade dann sprudeln ihnen plötzlich unkonventionelle und hochkreative Ideen durch die Köpfe.
Kreativität nur in Notsituationen?
Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Not macht erfinderisch“. Aber müssen wir wirklich erst in Not geraten, um kreativ zu werden?
Ein klassischer Kreativitäts-Trick beantwortet uns diese Frage schnell: wir stellen unser Sprichwort einfach auf den Kopf und erhalten das vielsagende: „Sicherheit macht einfallslos“. Wohl wahr. Ist erst einmal alles in Butter, dann kann man es sich mit seinen lieb gewordenen Gewohnheiten bequem machen.
Das Dilemma der Kreativität
Harmloses Wortspielchen? Ja, aber es bringt das ganze Dilemma der Kreativität ans Licht. Geniale Ideen sind heiß ersehnt, Kreativität an sich gewünscht und oft vollmundig gefordert, aber die Praxis stößt an Grenzen.
Und ausgerechnet Grenzen, die wir selbst mühsam errichtet haben: „konzentrieren statt abschweifen“, „die Realität nie aus den Augen verlieren“, „Machbarkeit als erste Voraussetzung für Neuerung“ – das sind nicht nur professionelle Tugenden, sondern auch potente Kreativitäts-Blocker.
Eine kreative Lösung kommt nicht von allein – wir müssen etwas dafür tun. Kreativität ist zwar eine natürliche, ureigene und angeborene Dienstleistung unseres Gehirns, aber in diesem Fall sind wir nicht nur Kunde, sondern auch Betreiber dieser Dienstleistungszentrale. Wir sollten die Eigenheiten und Funktionsweisen der Kreativität respektieren, wenn wir brauchbare Ergebnisse erzielen möchten – die Kreativität braucht genauso ihre Rahmenbedingungen wie die Rationalität.
Über die eigenen Grenzen hinweg
Kreativ und erfinderisch können wir auch ohne Not werden – wenn es uns nur gelingt, die Grenzen unserer vertrauten Denkgewohnheiten zu überschreiten, jener Denkgewohnheiten, die uns gewöhnlich wie Autopiloten durch die Routinen des Alltags führen. Konkret müssen wir vier innere Checkpoints durchbrechen:
- die Trägheit unserer Gewohnheiten
- die Ungeduld und der Wunsch, die perfekte Idee als erster liefern zu können
- die Angst, als Träumer oder Spinner angesehen zu werden, und
- den Perfektionismus, der uns hemmt, uns auf die irrationale Bühne der Kreativität zu wagen.
Aufgrund dieser Faktoren grenzen viele Menschen ihre Kreativität aus und verschwenden obendrein noch viel Eifer (und sicher auch unbewusste Kreativität) darauf, diese Grenzen zu sichern. Grenzen, die uns das Leben erleichtern sollen, werden still und heimlich zu Grenzen, die uns einschränken.
Dabei können wir auf unsere kreativen Potenziale auch ohne Not zurückgreifen,
- wenn wir es nur schaffen, unsere Denkgewohnheiten und Dogmen zu hinterfragen,
- wenn wir bereit sind, dem kreativen Prozess den nötigen Raum zu geben,
- wenn wir den Wert gezielter Träumereien – nennen wir es hier mal Visionen – anerkennen, und
- wenn wir diese gedankliche Grenzüberschreitung als Erfolg begreifen.
Wenn dies gelingt, dann ist der Zugang zur Kreativität frei!
Die Türschwelle der Kreativität überschreiten
Die Türschwelle der Kreativität hat ihre eigenen Rahmenbedingungen und ihre ganz eigene Funktionsweise. Anders als die Rationalität basiert sie nämlich auf Wahrnehmung, Assoziationen und dem Erzeugen von inneren Bildern.
Dazu müssen wir uns zunächst von einem zielorientierten instrumentalen Denken lösen und in ein rezeptives Denken wechseln, also uns ganz der Wahrnehmung widmen.
Dabei helfen Übungen zur Sinneswahrnehmung, die möglichst alle fünf Sinne aktivieren.
Eigenwahrnehmung
Als nächsten Schritt sollte die Eigenwahrnehmung aktiviert werden, was gut über eine Konfrontation mit ungewohnten Szenarien zu erreichen ist: „Was würde ich tun, wenn ich an Stelle von X oder Y wäre?“ oder „Wie kann ich meine Mitarbeiter demotivieren?“ oder „Was wäre, wenn Mr Bean mich eine Woche am Arbeitsplatz vertreten würde?“.
Assoziation
Solche Übungen führen schon in die zweite Ebene der Kreativität: die Assoziation, die gewissermaßen die Suchmaschine der Kreativität ist.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, das eigentliche Problem anzugehen, Gewohnheiten, Ungeduld, Ängste und Perfektionismus endgültig hinter sich zu lassen und in dem enormen Archiv unserer bewussten und unbewussten Wahrnehmungen nach Ideen zu fahnden. Ideen, die uns völlig subjektiv und kaum nachvollziehbar einfallen und dabei nichts anderes als neue Verbindungen von Informationen sind, die uns neue Sichtweisen auf die Problemstellung ermöglichen. Nichts anderes ist Kreativität.
Die dabei entstehenden „Bildern“ sollten ernst genommen, „spielerisch“ weiter entwickelt und schließlich entschlüsselt werden. Dann, erst dann, ist die gewohnte rationale Bewertung angesagt.
Grenzen zu überwinden erfordert einen festen Willen und auch etwas Übung - je öfter, desto besser: monatlich, wöchentlich oder täglich. Man sollte eben nicht warten, bis Not herrscht, und zusätzlicher Druck den Blick verstellt.
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