Juristische Dissertation ist Plagiat – Universität darf Doktorgrad wegen Täuschung entziehen
Universität entzieht Doktortitel wegen Plagiat
Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat jetzt entschieden, dass die Entziehung des Doktorgrades eines Juristen wegen Täuschung zulässig ist. Der Kläger hatte der Philipps-Universität Marburg 2003 seine juristische Dissertation vorgelegt und – wie üblich – an Eides statt versichert, dass er die Arbeit selbstständig angefertigt und andere als die angegebenen Hilfsmitteln nicht benutzt sowie jede wörtlich oder inhaltlich übernommene Stelle kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde mit cum laude bewertet. 2007 machte dann ein Professor der Universität Zürich darauf aufmerksam, dass die Dissertation Passagen enthalte, die eine große Übereinstimmung mit seiner Habilitationsschrift aus dem Jahr 2000 aufwiesen. Der juristische Fachbereich der Universität nahm dies zum Anlass, die Dissertation zu überprüfen und entzog dem Kläger 2009 den Doktorgrad. Dem Kläger wurde vorgeworfen, er habe den Doktorgrad durch Täuschung erworben, denn erhebliche Teile stellten ein Plagiat der Habilitationsschrift dar. Der Kläger hielt dem entgegen, er habe die Habilitationsschrift in seiner Dissertation verwertet und dies auch angegeben. Sein Doktorvater habe ihm die Einarbeitung ausdrücklich empfohlen. Dem Fachbereich sei die Verwertung von Anfang an bekannt gewesen, so dass eine Rücknahme nach so langer Zeit nicht mehr zulässig sei.
Fremdes Gedankengut muss in Dissertation gekennzeichnet werden
Das VG wies seine Klage ab. Es ist der Auffassung, dass der Doktorgrad durch Täuschung erworben worden ist. Nach dem Hessischen Hochschulgesetz sollten akademische Grade entzogen werden, wenn sie durch Täuschung erlangt würden. Eine Täuschung ergebe sich einmal daraus, dass der Kläger ausdrücklich versichert habe, jede wörtlich oder inhaltlich übernommene Stelle kenntlich gemacht zu haben. Sie folge aber auch aus dem Wesen der Dissertation, die eine eigenständige wissenschaftliche Leistung darstelle. Daraus ergebe sich, dass fremdes Gedankengut – insbesondere bei wörtlicher Übernahme aus anderen Werken – als solches gekennzeichnet werden müsse. Dies habe der Kläger in weiten Passagen seiner Dissertation versäumt. Über insgesamt etwa 700 Zeilen habe er wörtliche oder nur minimal veränderte Passagen aus einer Habilitationsschrift übernommen, ohne dies kenntlich zu machen. Er habe damit über die geistige Urheberschaft der wissenschaftlichen Ausführungen getäuscht, der Teil 4 seiner Arbeit stelle daher weitgehend ein Plagiat dar. Den Einwand des Klägers, sein verstorbener Doktorvater habe ihm die Einarbeitung der Habilitationsschrift nahegelegt, ließ das Verwaltungsgericht nicht gelten. Denn dies ändere nichts an seiner Verpflichtung, diese Einarbeitung kenntlich zu machen. Der Täuschung stehe auch nicht entgegen, dass die Habilitationsschrift in den Quellenangaben zu finden sei und auch des Öfteren an anderen Stellen in Fußnoten zitiert worden sei. Die Pflicht zu Offenlegung fremden Gedankengutes gelte für die gesamte Dissertation (VG Gießen, Urteil vom 15.09.2011; Az.: 3 K 474/10.GI).
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