Buchungsfehler des Reiseveranstalters – Urlauber erhalten 50 % Schadenersatz für vertane Urlaubszeit
Reiseveranstalter bucht nicht bei Fluggesellschaft
Erfährt ein Urlauber erst kurzfristig davon, dass er seine gebuchte Pauschalreise nicht antreten kann und können die Ferien nicht ohne weiteres nachgeholt werden, ist nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) München ein Schadenersatz in Höhe von 50 % des Reisepreises als Ausgleich für die vertane Urlaubszeit angemessen. Dies ergibt sich aus einem erst gestern veröffentlichten Urteil. Im Ausgangsfall hatte ein Ehepaar für sich und seinen schulpflichtigen Sohn im Frühjahr 2010 bei einem Reiseveranstalter eine 14-tägige Pauschalreise in die Türkei zu einem Preis von 2.715 €. gebucht Die Reise sollte während der Pfingstferien stattfinden und war als Jahresurlaub für die gesamte Familie gedacht. Am Abreisetag, fuhr die Familie um 5 Uhr früh zum Flughafen und stand ca. 1 ½ Stunden wartend am Check-in-Schalter der Fluggesellschaft. Als sie an die Reihe kamen, wurde ihnen eröffnet, dass ihre Namen nicht im Buchungscomputer vermerkt und ihre Plätze damit im Flugzeug nicht reserviert seien. Der Reiseveranstalter hatte anscheinend die Fluggesellschaft von der Buchung nicht informiert. Die Familie versuchte den Urlaub noch zu retten. Sie warteten das Ende des Eincheckens ab, erhielten aber die Mitteilung, dass sich keine freien Plätze ergeben hätten. Auch eine Buchung bei einem anderen Reiseveranstalter am Flughafen scheiterte. Zwischenzeitlich war immer wieder versucht worden, den Reiseveranstalter zu erreichen. Dies gelang aber erst um 11 Uhr. Eine Mitarbeiterin dort teilte mit, dass die Reise kostenfrei storniert werde. Am nächsten Tage suchte sie erneut das Reisebüro auf und versuchte noch einen Ersatzurlaub zu bekommen. Da aber alles ausgebucht war, scheiterten sie erneut. Die Familie verbrachte daraufhin die Pfingstferien bei schlechtem Wetter zuhause. Sie verlangte vom Reiseveranstalter Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit in Höhe von 50 % des Reisepreises.
Freizeit hat hohen immateriellen Wert
Das AG gab der Familie Recht und sprach ihr die 50 % zu. Der Schadenersatzanspruch bemesse sich immer nach dem Einzelfall. Zu berücksichtigen sei hier zum einen der hohe immaterielle Wert, den Freizeit heutzutage darstelle. Hinzu komme, dass es sich hier um einen Urlaub in den Pfingstferien gehandelt habe, also um einen Zeitraum, der für den Sohn der Familie zwingend als Freizeit vorgesehen war und das Ferien nicht beliebig nachgeholt werden können. Das abrupte Ende des Urlaubs und die Enttäuschung darüber sowie das nutzlose Packen und die vergebliche Anfahrt zum Flughafen seien zu berücksichtigen. Deshalb seien die geltend gemachten 50 % angemessen (AG München, Urteil vom 20.10.2010; Az.: 262 C 20444/10).
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