Erschließungskosten: 50 Jahre alter Vertrag schützt Anlieger nicht vor erneuter Beitragspflicht
Anliegerin soll nach 40 Jahren erneut Erschließungskosten zahlen
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat nach Mitteilung der Landesanwaltschaft Bayern entschieden, dass ein vor 50 Jahren geschlossener Vertrag der späteren Erhebung von Erschließungskosten nicht entgegensteht. Im Ausgangsfall ging es um eine Straßenanliegerin, die von der Stadt Neuötting eine 660 m² große Bauparzelle in dem damals neu zu erschließenden Gebiet erworben hatte. Der Kaufvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
Der Käufer verpflichtet sich, für die Herstellung der Wohnstraßen, die durch die Stadt Neuötting selbst erfolgt, einschließlich der sonstigen gesamten Erschließungskosten, insbesondere jene der Vermessung, einen von der Stadt nach Fertigstellung erst zu berechnenden anteiligen Pauschalbetrag zu bezahlen. Unter die Erschließungskosten fallen auch jene der Wasserzu- und -ableitung und der sanitären Anlagen. Außer den Pauschalposten für Straßen- und Weganteilablösung von 1.100 DM werden die Erschließungskosten für Straßenherstellung, Wasserzu- und -ableitung und Erstellung der sanitären Anlagen auf den Höchstsatz von 2.500 DM begrenzt.“
Die Käuferin bezahlte gleichzeitig mit dem Kaufpreis den Betrag von 1.100 DM und am 14.11.1961 Erschließungskosten in Höhe von 2.500 DM. Die Straßen wurden zunächst als einfache Kieswege ausgeführt und im Jahr 1972/1973 mit einer Bitumenschicht versehen. Eine Straßenentwässerung wurde eingebaut und eine Beleuchtung angebracht. Dafür bezahlte die Anliegerin anteilig 1.043,25 DM. Anschließend wurden über 30 Jahre lang nur übliche Unterhaltungsarbeiten durchgeführt. Im Jahr 2005 ließ die Stadt umfangreiche Arbeiten an Fahrbahn, Gehsteig, Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung durchführen. Mit Bescheid vom Oktober 2005 erhob sie für das Grundstück der Anliegerin eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 3.459,75 €. Dagegen wandte sich diese mit einer erfolgreichen Klage vor dem Verwaltungsgericht. Sie habe den bei Kaufvertragsabschluss vereinbarten Höchstbetrag für die Herstellung der Straße bezahlt und sei deshalb zu weiteren Leistungen nicht verpflichtet.
Beitragspflicht wurde nicht „für alle Zeiten“ abgelöst
Der VGH war allerdings gegenteiliger Auffassung. Der Vertrag steht der späteren Erhebung von Erschließungskosten nicht entgegen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn aus der Vereinbarung für einen Anlieger eindeutig erkennbar gewesen wäre, dass die Beitragspflicht "für alle Zeiten" abgelöst werden sollte. Da dies nicht der Fall war, müsse die Anliegerin für die Herstellung der Straße zahlen (Bayerischer VGH, Urteil vom 30.06.2011; Az.: 6 B 09.1897).
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